Lobeshymnen auf Timo Werner Deutschland hat wieder eine Super-„9“
Stuttgart (dpa) - Timo Werner genoss den traumhaften Fußballabend in seiner Heimat in vollen Zügen - und alle freuten sich mit ihm. Drei Tage nach den üblen Schmährufen einiger Fan-Chaoten in Prag gerade auch gegen ihn überragte der junge Senkrechtstarter im Nationalteam beim 6:0 gegen Norwegen.
In seinem achten Länderspiel wurde der Angreifer von RB Leipzig in Stuttgart erstmals bei einem Länderspiel mit „Timo-Werner“-Sprechchören gefeiert. „Ich freue mich über meine zwei Tore und darüber, dass ich so herzlich aufgenommen wurde wie früher, als ich ins Stadion kam“, sagte der gebürtige Stuttgarter, der im VfB-Trikot groß geworden ist. „Ich habe hier viele schöne Jahre gehabt. Nach der ganzen Geschichte freut es mich doppelt.“
Werner verhehlte nicht, wie gut ihm die Zuneigung der Fans tat. „Ich hatte keine Erwartungen, ob ich ausgepfiffen oder gefeiert werde. Dass es sich so entwickelt hat, ist umso schöner. Als Spieler hat man es gern, wenn man von den eigenen Fans bejubelt wird“, erzählte er.
Seine schwäbische Bodenhaftung verlor der Confed-Cup-Gewinner nach seinen Länderspieltoren fünf und sechs aber nicht. „Als Stürmer Nummer eins würde ich mich noch nicht bezeichnen. Ich habe ein paar gute Spiele gemacht“, sagte er nach dem Knallstart in die WM-Saison: „Wir haben viele gute Stürmer. Ich muss mich immer wieder zeigen.“
Der größte Zuspruch kam ausgerechnet von dem Mann, der eigentlich sein größter Konkurrent im Team des Weltmeisters sein müsste: Mario Gomez. Der 32 Jahre alte Torjäger stand in der brodelnden Stuttgarter Arena applaudierend an der Seitenlinie, als er nach 66 Minuten für Werner eingewechselt wurde. „Ich hatte auch Gänsehaut, als sein Name gerufen wurde“, berichtete Gomez.
Danach hob der Teamsenior vom VfL Wolfsburg, dem bei seinem Kurzeinsatz noch das 31. Länderspieltor gelang, zur Lobeshymne auf Timo Werner an. „Er wird die nächsten zehn Jahre in Deutschland im Sturm dominieren. Wahrscheinlich auch in Europa, wenn er einfach so weiter macht wie bisher. Und da habe ich keine Bedenken. Er ist so klar in der Birne und macht das grandios“, sagte Gomez aufrichtig - ohne Anzeichen von Neid. „Wir brauchen einfach bei der WM einen Timo Werner in dieser Form. Er wird sogar noch besser, er wird dann noch ein Jahr mehr Erfahrung haben, wenn wir Weltmeister werden wollen“, sagte Gomez. „Und wenn man ihn unterstützt, ist er noch besser.“
Drei Jahre nach dem Rücktritt von Weltmeister und Rekordtorschütze Miroslav Klose sowie Grundsatzdebatten um falsche und echte Neuner hat Deutschland neun Monate vor dem WM-Turnier in Russland wieder einen Mittelstürmer, der die Tradition der großen Torjäger von Gerd Müller über Jürgen Klinsmann und Rudi Völler bis zu Miro Klose fortführen könnte. Das allgemeine Staunen ist groß; gerade einmal 166 Tage lagen zwischen Werners Debüt beim Abschiedsspiel von Lukas Podolski Ende März gegen England und Werners Gala am Montagabend.
„Er hat wieder ein Riesenspiel gemacht, in allen Belangen“, lobte Weltmeister Mats Hummels. „Er hat zwei Tore gemacht, er hat Lücken ohne Ende gerissen. Ein herausragender Stürmer, der da gerade heranwächst“, sagte Hummels, bevor er sich revidierte: „Das ist fast zu wenig. Er ist schon ein verdammt starker Spieler. Auf lange Sicht könnten wir da einen sehr, sehr starken Mittelstürmer haben.“
Werner zeigte die gesamte Palette seiner herausragenden Anlagen: Enormes Tempo, Spielwitz, Abschlussstärke mit Fuß (2:0) und Kopf (4:0), Spielverständnis und Teamgeist. Ganz weit hinten eroberte er einmal einen Ball. Werner könnte genau das Puzzlestück sein, das Bundestrainer Joachim Löw in seinem WM-Titel-Projekt noch fehlte.
„Er macht das, was dem Gegner extrem weh tut, was extrem schwer zu verteidigen ist. Er hat einen brutalen Zug zum Tor und Schnelligkeit. Das ist extrem schwer zu verteidigen“, sagte Löw, der schon länger ein Werner-Fan ist. Deren Zahl nimmt in Deutschland gerade rasant zu.