Die Europäische Zentralbank: Hüterin des Euro

Frankfurt/Main (dpa) - Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Hüterin des Euro. Ihr vorrangiges Ziel ist es, die Preisstabilität für 331 Millionen Menschen in 17 Ländern zu garantieren - das bedeutet nach ihrem eigenen Verständnis eine jährliche Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent.

Diese Aufgabe hat das EU-Organ bisher seit der Euroeinführung 1999 erfüllt, wie die EZB gerne betont. Die EZB wurde 1998 gegründet und ist nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank politisch unabhängig. Oberstes Entscheidungsgremium ist der EZB-Rat. Ihm gehören die 17 Vertreter der nationalen Notenbanken sowie das Direktorium aus dem Präsidenten, einem Vize und vier weiteren Direktoriumsmitgliedern an. Der EU-Gipfel ernannte am Freitag den Italiener Mario Draghi zum Nachfolger Jean-Claude Trichets an der Spitze der Notenbank. Die Amtszeit des Franzosen läuft Ende Oktober aus.

Der Rat setzt die Höhe der Zinssätze im Euroraum fest, zu denen sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld ausleihen können. Die EZB kann damit die vorhandene Geldmenge steuern und Inflationsgefahren begegnen. Niedrigere Zinsen verbilligen Kredite für Unternehmen und Verbraucher und können somit Investitionen und den privaten Konsum anschieben.

Außerdem ist die Zentralbank für die Ausgabe der Euro-Noten verantwortlich. In der Finanzkrise startete sie darüber hinaus eine Reihe außergewöhnlicher Geschäfte, um die Versorgung des Finanzsystems mit Bargeld sicherzustellen. So lieh sie Geschäftsbanken Geld in unbegrenzter Menge zu ungewöhnlich langen Laufzeiten von bis zu einem Jahr - zum Festzins von 1,0 Prozent. Einige dieser Geschäfte wurden inzwischen wieder eingestellt.

Im Mai 2010 begann die EZB angesichts der sich zuspitzenden Staatsschuldenkrise zunächst in Griechenland außerdem damit, Staatsanleihen klammer Euroländer zu kaufen. Die Maßnahme stieß umgehend auf Kritik, weil die Bank damit ihre Unabhängigkeit auf das Spiel setze und Geld drucke, um Staatsschulden zu finanzieren. Der frühere Bundesbank-Präsident Axel Weber, der lange als wahrscheinlichster Nachfolger Trichets gehandelt wurde, warf im Streit um diese Maßnahme das Handtuch.

Aktuell hält die Notenbank europäische Staatsanleihen im Wert von 74 Milliarden Euro - nachdem sie seit Wochen keine neuen Anleihen mehr kauft und die ersten Papiere bereits fällig wurden. Ökonomen schätzen, dass davon Papiere über 45 bis 50 Milliarden Euro Griechenland-Bonds sind und die EZB damit zum größten Gläubiger des Landes geworden ist.

Zudem kann die EZB allein durch ihre Rhetorik Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung nehmen: Jedes Wort ihres Präsidenten wird an den Finanzmärkten auf die Goldwaage gelegt.