Porträt Die stille Schlüsselfigur: Jared Kushner
Washington (dpa) - Macht muss nicht immer dröhnen. Jared Kushner ist ein stiller Mann. Er ist der Schwiegersohn des künftigen US-Präsidenten. Verheiratet mit Ivanka Trump, sind die beiden vielleicht das eigentliche Power Couple der neuen Präsidentschaft.
Schon im Wahlkampf wurde Kushners Rolle als die des eigentlichen Chefs hinter den gewaltigen Kulissen beschrieben: entschlossener Treiber und Verhandler, ruhiger Weichensteller und Entscheider. Jetzt holt der künftige Präsident ihn an seine Seite ins Weiße Haus.
Trump traut außerhalb seiner Familie angeblich niemandem so richtig. Kushner, seit diesem Dienstag 36 Jahre alt, hat das Ohr des 45. US-Präsidenten, und er wird für ihn auch weiterhin sehr wichtig sein. Während Trump aber das Rampenlicht braucht wie die Luft zum Atmen, scheut es Kushner. Interviews mit ihm sind rar.
Wie genau Kushner als Schwiegersohn an der Seite eines oder seines Präsidenten rechtlich abgesichert sein soll, ist noch nicht ganz klar. Die ungewöhnlichen Familienbande rufen Kritiker auf den Plan, sie verweisen auf Anti-Nepotismusgesetze, die genau solche Bestallungen ausschließen sollen.
Kushners Anwälte haben angeblich eine tragfähige Struktur ausgearbeitet. So soll er Teile seines Besitzes veräußern und als „Senior Advisor“ kein Gehalt beziehen. Klingt gut, entpflichtet ihn aber auch von der Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse.
Kushner ist im Trump-Universum seit längerem eine graue Eminenz. Er wirkt informell und im Hintergrund. Kaum sichtbar, ist sein Einfluss seit Monaten maximal. Er fehlt bei kaum einem wichtigen Deal der vergangenen Monate. Angeblich war er auch bei Geheimdienstbriefings Trumps anwesend, das wäre mindestens ungewöhnlich. Auch Kabinettsmitglieder wählte Kushner mit aus.
Diplomaten, die Kushner getroffen haben, beschreiben ihn als eine Art Anti-Trump. Als höflich, zurückhaltend, fast scheu. Respektvoll und ruhig habe er sich alle Positionen angehört, seine Meinung in den Treffen aber vollständig für sich behalten. Über seine Ansichten ist nicht viel bekannt. Im Weißen Haus soll er nun vor allem zu Fragen Israels und des Nahen Ostens beraten.
Aufgewachsen ist Kushner in einer Familie reicher Demokraten in New Jersey. Die Familiengeschäfte übernahm er de facto mit 25. In dieser Zeit lernte er Ivanka kennen, Ivanka konvertierte zum jüdischen Glauben, das Paar hat heute drei Kinder: Arabella, Joseph und Theodore.
Die meisten Bilder vor dem Wahlkampf zeigen Kushner als klassischen All American Boy: ein gertenschlanker Mann in Chinos, Poloshirt und Sportschuhen. Harvard-Abschluss, rosig-frischgewaschene Ausstrahlung, geschmackvoll gekleidet - ein echtes Ostküstengewächs.
Nun nimmt Kushner im Innerstem der präsidialen Macht Platz, an der Seite von Stabschef Reince Priebus und Chefstratege Stephen Bannon. Letzterer wird von vielen als einer der größten Schmutzfinken der US-Politik beschrieben. Das könnte auch deswegen spannend werden, weil Bannon antisemitische Äußerungen zugeschrieben werden. Kushner ist jüdischen Glaubens und lebt diesen Glauben sehr aktiv.
Das hat immer wieder eine Rolle gespielt, so ist Kushner vermutlich Autor von Trumps Rede vor der mächtigen jüdische Lobbyorganisation AIPAC im Februar 2016. Seinen Schwiegervater hat er wiederholt gegen antisemitische Vorwürfe verteidigt.
Im Wahlkampf wählte Kushner Veranstaltungsorte aus, bestimmte den Reiseplan maßgeblich mit, war dann in der Übergangszeit eine Säule seines Schwiegervaters. Kushner hat wichtige, mächtige Verbindungen ins Silicon Valley und als Herausgeber des „Observer“ auch in die weite Welt der Medien. Sein Verhältnis zu Journalisten gilt gleichwohl als sehr schwierig. Smart, jungenhaft, mächtig und bestens verdrahtet, ist Jared Kushner eine Schlüsselfigur in Trumps Welt.