Analyse Drei Szenarien für eine Zukunft der Nato mit Trump

Brüssel (dpa) - Wie stellt sich die neue US-Regierung die Zukunft der Nato vor? Das ist die alles beherrschende Frage beim ersten großen Bündnistreffen nach der Wahl von Donald Trump. Zum Auftakt am Mittwoch gab es für die Öffentlichkeit von US-Verteidigungsminister James Mattis in Brüssel nur wenig Konkretes.

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Drei mögliche Szenarien für die kommenden Jahre im Überblick:

Das „Obsolet-Szenario“

Nutzlos, veraltet oder aus der Zeit gefallen - zum Entsetzen der Alliierten bezeichnete Donald Trump die Nato zum Start seiner Amtszeit als „obsolet“. Im schlimmsten Fall könnte dies bedeuten, dass sich die europäischen Partner und Kanada in absehbarer Zukunft alleine um ihre Sicherheit kümmern müssen. Die Konsequenzen wären gravierend: Nicht nur in Sachen nuklearer Abschreckung, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen haben sich die Europäer bislang auf die Fähigkeiten USA verlassen.

Eintrittswahrscheinlichkeit:

Im Nato-Hauptquartier in Brüssel wird gehofft, dass sie äußert gering ist. Am ersten Tag des Verteidigungsministertreffens in Brüssel versuchte Mattis, den Partnern die Angst vor einem radikalen Politikwechsel durch Trump zu nehmen und bezeichnete das Bündnis als „grundlegendes Fundament“ für die transatlantischen Beziehungen. Zudem betonte er noch einmal, dass auch Präsident Trump die Nato „stark unterstütze“.

Das „Entweder-oder-Szenario“

Die Nato entwickelt sich so, wie ich es will oder die USA fühlen sich nicht mehr an die Beistandsverpflichtung gebunden - im Wahlkampf hatte Trump anklingen lassen, dass er nach diesem Prinzip Bündnispolitik machen könnte. Konkret will der neue US-Präsident die Nato dazu bringen, sich stärker im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu engagieren. Zudem fordert er von Partnern wie Deutschland deutlich höhere Verteidigungsausgaben. Trump habe klar gemacht, dass diejenigen Alliierten, die nicht 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben, dieses Ziel erreichen müssten, erklärte Nato-Generalsekretär Stoltenberg zum Verteidigungsministertreffen. Auch Mattis sprach das Thema an.

Eintrittswahrscheinlichkeit:

Nach den bisherigen Äußerungen Trumps würde es wenig überraschen, wenn er nach dem Entweder-oder-Prinzip Druck auf die Bündnispartner machen würde. Zugute kommt dem Amerikaner, dass seine Forderungen von Nato-Militärs grundlegend gutgeheißen werden. Das Verständnis für diejenigen, die einem stärkeren Engagement im Anti-Terror-Kampf wie Deutschland eher kritisch gegenüberstehen, ist in der Nato-Zentrale nicht besonders groß. Und auch mit seinen Forderungen nach höheren Verteidigungsausgaben läuft Trump bei Militärs offene Türen ein.

Das „Alles-bleibt-wie-es-ist-Szenario“

Nicht Trump verändert die Nato, sondern die Nato verändert Trump - theoretisch ist es auch denkbar, dass der neue US-Präsident im Laufe der Zeit doch merkt, dass die Nato auch in ihrer derzeitigen Form durchaus einen Mehrwert für sein Land hat. In Europa wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages bislang erst einmal ausgelöst wurde - und zwar nach den Terrorangriffen gegen die USA vom 11. September 2001. In der Folge unterstützte die Nato die USA unter anderem mit Aufklärungsflugzeugen sowie mit Marineschiffen für die Terroristenjagd im Mittelmeer. Zudem beteiligen sich Deutschland und andere Bündnispartner noch immer an dem von den USA gestarteten Afghanistan-Einsatz - unter Inkaufnahme erheblicher Risiken für die Soldaten. In Afghanistan ließen bereits 56 deutsche Soldaten ihr Leben.

Eintrittswahrscheinlichkeit:

Optimisten halten eine gewisse „Zähmung“ Trumps durch die Nato nicht für ausgeschlossen. Zwar könnten sich die USA im Zweifelsfall alleine verteidigen, ein Bündnis wie die Nato bietet aber doch erhebliche Vorteile. In welche Richtung die Nato künftig steuert, werde möglicherweise erst beim ersten Gipfeltreffen mit Trump Ende Mai klar werden, heißt es in Brüssel - wenn nicht sogar noch später.