EFSF-Abstimmung: Koalition kämpft um eigene Mehrheit

Berlin/Straßburg (dpa) - Zittern bis zur letzten Minute: Auch kurz vor der Bundestags-Abstimmung über einen größeren Euro-Rettungsschirms war eine eigene klare Mehrheit der schwarz-gelben Koalition ungewiss.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) appellierte an die Abweichler aus den eigenen Reihen, nur mit dieser Reform könne die Schuldenkrise eingedämmt werden. Mit der Zustimmung des deutschen Parlaments wäre die Reform des Rettungs-Instruments EFSF in 10 der 17 Euro-Länder gebilligt.

Konkret wird der Bundestag am späten Donnerstagvormittag darüber abstimmen, ob der Euro-Rettungsschirm (EFSF) neue Instrumente erhält und künftig mit 780 Milliarden Euro unterfüttert werden soll. Bisher sind es 440 Milliarden. Der aufgestockte Rettungsschirm soll ab Mitte Oktober einsatzfähig sein und Ansteckungsgefahren eindämmen - mit neuen Instrumenten wie dem Kauf von Anleihen und Geld auch zur Bankenstützung. Eine Mehrheit im Bundestag gilt als sicher, weil auch SPD und Grüne mit Ja stimmen wollen.

Zwar können Union und FDP auch mit einer eigenen Mehrheit rechnen. Bis zuletzt fraglich blieb aber, ob Schwarz-Gelb die symbolträchtige Kanzlermehrheit schafft, für die 311 Stimmen nötig sind, höchstens darf es 19 Nein-Stimmen oder Enthaltungen geben. Kritiker einer Ausweitung der Hilfen wie der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach bekräftigten ihre ablehnende Haltung.

Die FDP will ihre Verlässlichkeit als Regierungspartei beweisen. Generalsekretär Christian Lindner sagte in der ARD, er erwarte zwei Nein-Stimmen aus seiner Fraktion. „Vielleicht werden es mit Enthaltungen am Ende vier sein, die nicht zustimmen werden.“ Die Sozialdemokraten verschärften den Ton. Die SPD-Fraktion warf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein Täuschungsmanöver bei der tatsächlichen Höhe des EFSF vor. Hintergrund sind Spekulationen, wonach die Schlagkraft des Fonds nochmals erhöht werden könnte.

Auf jeden Fall ist die jetzt im Bundestag zur Abstimmung stehende Reform nur ein Schritt im Kampf gegen die Krise. Noch im Herbst könnte über ein zweites Rettungspaket für Griechenland in Höhe von 109 Milliarden abgestimmt werden. Anfang nächsten Jahres soll der Bundestag zudem den ab Mitte 2013 geplanten Euro-Rettungsschirm ESM absegnen. Spekuliert wird inzwischen auch, dass die Schlagkraft des EFSF nach der aktuellen Reform über eine Hebelwirkung nochmals vergrößert wird.

Die Chancen Griechenlands auf eine neue Hilfszahlung von acht Milliarden Euro sind unterdessen gestiegen: Die Experten der „Troika“ kehren nach Athen zurück und nehmen am Donnerstag wieder die Arbeit auf. Sie entscheiden über die nächste Acht-Milliarden-Euro-Hilfsrate, die noch im Oktober ausgezahlt werden muss, soll die Griechenland-Pleite noch verhindert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel machte den Griechen Mut: „Wir wollen, dass Griechenland im Euroraum bleibt,“ sagte sie in einem Interview mit dem griechischen staatlichen Fernsehen (NET).

Die europäischen Börsen sind angesichts der Schuldenkrise hochnervös: Der deutsche Aktienindex Dax legte einen Zickzackkurs hin und sackte am späten Nachmittag auf rund 5540 Punkte ab, das war ein Minus von rund 1,5 Prozent.