EU-Regierungschefs streiten über Waffen für Syrien

Brüssel (dpa) - Europa ist im Syrien-Konflikt entzweit: Frankreich und Großbritannien wollen den Weg für Waffenlieferungen an syrische Rebellen freimachen - andere EU-Länder zogen beim Gipfel in Brüssel aber nicht mit.

Gipfelchef Herman Van Rompuy räumte nach den Gesprächen am Freitag Differenzen ein: „Wir sind mitten in einer Debatte. Es ist normal, dass man unterschiedliche Ansichten vertritt.“ Nun sollen die Außenminister bei ihrem Treffen nächste Woche (22./23. März) über das Thema beraten und zu einer gemeinsamen Position finden.

Frankreich war bei dem zweitägigen Gipfel vorgeprescht und hatte die EU-Partner überrascht. Frankreichs Staatspräsident François Hollande machte klar, dass er notfalls auch zum Alleingang bereit sei. „Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen“, antwortete Hollande auf die Frage, was Frankreich tun werde, wenn die europäischen Partner nicht mitmachen. Nach Abschluss des Treffens gab sich Hollande zufrieden: „Europa hat sich schon bewegt.“

Auch Großbritannien plädierte für eine Aufhebung des Verbots von Waffenlieferungen an die Aufständischen. Allerdings wolle sein Land noch nicht aktiv werden, sagte der britische Premierminister David Cameron. „So wie es heute aussieht, sage ich nicht, dass Großbritannien tatsächlich gerne Waffen an die Rebellengruppen liefern würde.“

Doch viele EU-Länder lehnen die Pläne ab. „Ich bin dagegen“, sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. „Ich glaube, man kann in einem Konflikt, in dem man Waffen liefert, zu keiner Lösung kommen.“ Belgien, die Niederlande und Luxemburg bedauerten den Vorstoß Frankreichs und Großbritanniens. Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker warnte, es entstehe der Eindruck, als könne die EU „nationale Alleingänge nicht ausschließen.“ Die 27 EU-Länder streben grundsätzlich eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in allen Fragen an. Juncker nannte einige Ausdrucksformen „ungeschickt“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von „einer ganzen Reihe von Vorbehalten“ gegen Waffenlieferungen, räumte aber auch ein: „Meine Meinungsbildung zu dem Thema ist nicht abgeschlossen.“ Es sei allerdings auch noch unklar, ob eine gemeinsame Position gelingt.

Kritik kam vom niederländischen Premier Mark Rutte. Er sagte: „Europa kann nur dann eine starke und wirksame Rolle spielen, wenn es einig handelt.“ Auch Finnland lehnte Waffenlieferungen an die Rebellen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ab.

Das EU-Waffenembargo gegen Syrien, das für die Regierung und die Aufständischen gleichermaßen gilt, läuft Ende Mai aus. Es kann nur einstimmig verlängert werden. Bisher ist nur die Lieferung von „nicht-tödlichem Militärmaterial“ - beispielsweise Helmen oder Schutzwesten - an die Aufständischen erlaubt.

Der EU-Gipfel debattierte auch über das Verhältnis der EU zu Russland - ohne konkrete Beschlüsse zu fassen. „Wir sehen Russland als einen strategischen Partner an mit dem wir vernünftige, gute Beziehungen wollen“, sagte Merkel. Zwischen Russland und der EU gibt es zahlreiche Streitpunkte: Dabei geht unter anderem um Fragen der Menschenrechte und der Energiepolitik, aber auch um Visa-Erleichterungen für Russen.

Nach dem Ende des Gipfels sollten die Euro-Finanzminister in einer Sondersitzung in Brüssel das Hilfsprogramm für das pleitebedrohte Zypern auf den Weg bringen. Diplomaten rechneten mit schwierigen Verhandlungen bis tief in die Nacht hinein. Das Ziel sei, eine grundsätzliche Einigung zu erreichen.

Zypern ist wegen seines Bankensektors in Schwierigkeiten geraten und soll ein milliardenschweres Kreditpaket erhalten. Das Volumen umfasst nach Worten von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem rund 10 Milliarden Euro - zunächst waren von 17,5 Milliarden Euro die Rede gewesen. Juncker sagte mit Blick auf das Finanzministertreffen: „Und dort muss die Zypern-Frage einer Lösung nicht nur nähergebracht werden, sondern in abgeschlossener Form morgen Abend vorliegen“.

Merkel stellte nach Ende des Gipfels ebenfalls ein Hilfsprogramm in Aussicht, pochte aber auf Bedingungen: „Einfach Zypern sich selbst zu überlassen und mal zu gucken, was passiert, wäre aus meiner Sicht nicht verantwortlich.“ Vor einer endgültigen Entscheidung müssen dann noch nationale Parlamente zustimmen, unter anderem der Deutsche Bundestag.