Expertin: „Diplomatisch nicht besonders klug“
Berlin (dpa) - Die Griechen sollen selbst über ihr Schicksal entscheiden: Ministerpräsident Giorgos Papandreou lässt ihnen in einer Volksabstimmung die Wahl, ob sie ein neues EU-Hilfspaket mit drastischen Sparmaßnahmen wollen oder nicht.
Letzteres könnte das Land jedoch ins Chaos stürzen - und mit ihm womöglich auch die Eurozone. Was Papandreou dazu bewegen könnte, erklärt Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel im dpa-Interview. Die Professorin leitet die Arbeitsstelle Europäische Integration an der FU Berlin.
Ist die Volksabstimmung eine kluge Entscheidung?
„Es ist ein bisschen unglücklich, dass er diese Entscheidung verkündet, nachdem die EU die nächste Stufe in dem Rettungspaket geschnürt hat. Jetzt zu sagen: Es kann sein, das wir das gar nicht nehmen - das ist nicht besonders nett. Und diplomatisch auch nicht besonders klug. Im Prinzip hätte man das Referendum gleich am Anfang machen müssen, als die Generalstreiks losgingen.“
War Papandreous Entscheidung außenpolitisch zu heikel?
„Er ist ein von den Griechen gewählter Regierungschef und gegenüber den griechischen Wählerinnen und Wählern verantwortlich. Insofern ist es nur konsequent, wenn er sagt: Ich will ein klares Votum.“
Was spricht für die Volksabstimmung?
„Jetzt ein für alle Mal eine Klärung herbeizuführen ist so verkehrt nicht. Weil er damit die Griechen zwingt, Farbe zu bekennen und zu sagen: Wir können nicht beides haben. Geld von der EU bekommen und gleichzeitig die Bedingungen nicht erfüllen wollen.“
Viele Griechen wollen die Bedingungen aber nicht erfüllen. Pokert er zu hoch?
„60 Prozent der Griechen sind zwar gegen die Auflagen. Aber wenn es um die Frage geht: In der EU bleiben oder nicht, dann wird die Abstimmung etwas anders ausgehen. Ich vermute mal, dass Papandreou genug Vertrauen in die Vernunft der Griechen hat. Es gibt keine Alternative. Ich glaube, das ist das, worauf Papandreou letztlich setzt.“