FDP in Existenznot: Druck auf Rösler und Brüderle wächst
Berlin (dpa) - In der FDP nimmt vor der Wahl der Druck auf den Spitzenkandidaten Rainer Brüderle und Parteichef Philipp Rösler zu. In mehreren Landesverbänden gibt es Überlegungen, das Spitzenduo für ein schlechtes Ergebnis mit dem Verlust der Regierungsbeteiligung verantwortlich zu machen.
Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Parteikreisen. In aktuellen Umfragen kommt die FDP auf fünf bis sechs Prozent.
Brüderle und Rösler müssten gegebenenfalls dafür gerade stehen, dass die FDP mit der Zweitstimmen-Kampagne „(Jetzt geht's ums Ganze“) im Wahlkampf-Finale nur als Funktionspartei und Mehrheitsbeschafferin der Union erscheine, hieß es. Rösler wies die Kritik in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag) zurück: „Das sehe ich ganz anders. Wir werben um die Zweitstimme wegen unserer Inhalte. Die haben Deutschland in den letzten vier Jahren stark gemacht.“
Sollte die FDP aus dem Bundestag fliegen, dürften Brüderle und der seit 2011 amtierende Bundesvorsitzende Rösler aber ohnehin nicht zu halten sein. Für diesen Fall gilt Christian Lindner, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen FDP, als Parteichef in Reserve. Der FDP-Vize hatte kürzlich betont, dass er unabhängig vom Wahlausgang hinter Brüderle und Rösler stehe.
Der niedersächsische Landeschef und Rösler-Vertraute Stefan Birkner sagte am Freitag der dpa in Hannover: „Alles, was uns von der Wahl ablenkt, schadet uns. Wir stehen geschlossen hinter Philipp Rösler.“
Bleibt die FDP als Oppositionspartei im Bundestag, wolle Rösler versuchen, den Fraktionsvorsitz zu erobern, hieß es. Dafür müsste Brüderle weichen. Der 68-Jährige ist aber ein erfahrener Kämpfer. Am Montag nach der Wahl tagt im Reichstag das Präsidium gemeinsam mit dem Fraktionsvorstand. Dies kann als Indiz gedeutet werden, dass Brüderle mit Getreuen sich nicht einfach verdrängen lassen will.
Aus informierten Kreisen verlautete, bei einem Ergebnis von über sechs Prozent könnten Brüderle und Rösler argumentieren, sie hätten die miserable Vorgabe aus Bayern von 3,3 Prozent nahezu verdoppelt. Rösler hat schon in der Vergangenheit mehrfach interne Angriffe erfolgreich abgewehrt.
Allerdings gibt es neben Rösler noch andere denkbare Kandidaten für den Fraktionsvorsitz. Bei einer Personalrochade dürften die Chancen von Entwicklungsminister Dirk Niebel auf eine Rehabilitierung steigen. Er hatte im Januar gewarnt, Rösler sei als Parteichef eine Fehlbesetzung. Dafür wurde er intern abgestraft und verlor seinen Platz im Präsidium.
Kann die FDP die seit 2009 regierende Koalition mit der Union fortsetzen, dürfte der Führungskampf in geordneten Bahnen verlaufen. Eine Variante ist, dass Ex-Wirtschaftsminister Brüderle dann ins Kabinett zurückkehrt und dort Verkehrs- oder Verbraucherminister wird.
Die Liberalen werben im Endspurt massiv um Zweitstimmen von Unionswählern. CSU-Chef Horst Seehofer empfahl der FDP, ihre Kampagne zu stoppen. „Ich rate uns allen, sich in den letzten Stunden vor der Bundestagswahl mit dem politischen Gegner auseinanderzusetzen und sich nicht gegenseitig die Stimmen streitig zu machen“, sagte Seehofer der „Welt“ (Online). Die FDP könne „mit den richtigen Themen und dem richtigen Stil ihr eigenes Potenzial auch ausschöpfen“.