Flüchtlingsansturm: Rom will Geld von Brüssel

Rom (dpa) - Angesichts tausender tunesischer Flüchtlinge in Italien fordert die Regierung in Rom von der EU finanzielle Unterstützung. In einem formellen Brief habe man von der EU-Kommission 100 Millionen Euro verlangt, um dem Notstand begegnen zu können, sagte Innenminister Roberto Maroni in Rom.

Zugleich kündigte er den Einsatz von 200 zusätzlichen Soldaten zur Kontrolle der Auffanglager an. Seit Mitte Januar sind knapp 5300 tunesische Flüchtlinge auf der Insel Lampedusa angekommen. Etwa die Hälfte von ihnen wurden inzwischen auf andere Lager in Italien verteilt.

Inzwischen ist der Flüchtlingszustrom praktisch versiegt - möglicherweise eine Folge der stärkeren Kontrolle der Küsten Tunesiens. Die Übergangsregierung in Tunis hatte am Montag damit begonnen, Küstenstreifen abzuriegeln.

Hintergrund des Flüchtlingsstroms ist der nach dem Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali vernachlässigte Grenzschutz in dem nordafrikanischen Mittelmeerland. Zahlreiche Menschen, vor allem Arbeitslose, sehen nun die Chance, ihr Glück in Ländern wie Italien, Frankreich oder Deutschland zu versuchen. Dabei ist die etwa 130 Kilometer von der Ostküste Tunesiens entfernte Insel Lampedusa auch noch mit kleinen Booten vergleichsweise leicht zu erreichen.

Unter den tunesischen Flüchtlingen in Italien sind nach Angaben von Innenminister Maroni auch einige geflohene Gefangene, die während der Unruhen in Tunesien entkommen seien. Er äußerte die Befürchtung, dass noch Zehntausende Menschen aus Tunesien fliehen wollten, so dass es in einem Jahr hochgerechnet 80 000 Ankömmlinge geben könne.

Die Weiterleitung der Flüchtlinge in andere EU-Staaten ist derzeit nicht möglich: Asylbewerber müssen nach Europarecht bis zur Prüfung ihrer Anträge in dem Land bleiben, in dem sie europäischen Boden betreten haben („Dublin-II-Abkommen“).

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wich bei ihrem ersten Besuch in Tunis seit dem Sturz Ben Alis vor einem Monat Fragen nach dem Migrationsproblem aus. Darüber werde in Brüssel beraten, sagte sie. Ashton sagte den Tunesiern auf ihrem Weg zur Demokratie Hilfen in Höhe von 17 Millionen Euro zu. Zudem solle das Assoziierungsabkommen bald unterzeichnet werden. „Die Zukunft Tunesiens ist in der Hand des tunesischen Volkes. Die Europäische Union ist bereit, nach Kräften dabei zu helfen“, sagte Ashton, die für ihre Zurückhaltung angesichts der umwälzenden Ereignisse in der arabischen Welt mehrfach kritisiert worden war.