Flüchtlingstragödie: Fünfter Verdächtiger festgenommen
Wien/Budapest (dpa) - Nach der Flüchtlingstragödie mit 71 Toten in Österreich hat die ungarische Polizei einen fünften Tatverdächtigen festgenommen. Der Bulgare sei den Beamten am Samstagabend ins Netz gegangen, teilte die Polizei mit.
Bereits zuvor waren in Ungarn drei Bulgaren und ein Afghane gefasst worden. Über sie verhängte ein Gericht in Kecskemet am Samstag Untersuchungshaft. Gegen den fünften Mann werde nun auch wegen des begründeten Verdachts auf Menschenschmuggel ermittelt, hieß es. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Die Behörden hatten am Donnerstag an einer Autobahn 50 Kilometer südöstlich von Wien einen abgestellten Schlepper-Lkw entdeckt. Darin befanden sich 59 tote Männer, 8 Frauen und 4 Kinder. Nach bisherigem Ermittlungsstand war der Wagen von Kecskemet nach Österreich gefahren.
Bei der Identifizierung der Opfer konzentrieren sich die Ermittler auf die Handys der Toten. Zudem werde das Fahrzeug „Millimeter für Millimeter“ durchsucht, zitierte der ORF einen Polizeisprecher. Bislang sei lediglich ein syrischer Pass aufgetaucht. Die österreichische Polizei sei jedoch auch auf Hinweise von Angehörigen angewiesen, hieß es. Sie richtete eine rund um die Uhr auch mit Dolmetschern besetzte Hotline ein.
Zudem wurden weitere Leichen in der Gerichtsmedizin Wien obduziert. Dies werde noch mindestens bis Mitte der neuen Woche dauern, hieß es. Was danach mit den Toten geschehe, sei noch nicht klar.
Bereits am Freitag hatte die Polizei in Österreich erneut einen Laster mit 26 Flüchtlingen aufgegriffen. Aus dem stickigen Laderaum wurden drei entkräftete Kleinkinder gerettet, die kurz vor dem Verdursten waren. „Es war schon ziemlich knapp“, sagte ein Polizeisprecher. Die Kinder hätten das Krankenhaus in Braunau mittlerweile mit ihren Eltern wieder verlassen, hieß es am Sonntag. Die Familie wolle weiter nach Deutschland, sie stellte keinen Asylantrag in Österreich.
Ungarn schottet sich derweil weiter ab: Der umstrittene Zaun an der 175 Kilometer langen Grenze zu Serbien sei fertig, meldete die staatliche Nachrichtenagentur MTI am Samstagabend unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Die rechts-konservative Regierung hofft, dass nun weniger Flüchtlinge als derzeit entlang der „Balkanroute“ durch Südosteuropa und Ungarn ziehen. Die Maßnahme stieß auf Kritik Frankreichs. „Ungarn respektiert die gemeinsamen europäischen Werte nicht“, sagte Außenminister Laurent Fabius am Sonntag dem Sender Europe 1.