Fragen & Antworten: Der Friedensplan für die Ostukraine
Moskau (dpa) - Im Kriegsgebiet Donbass in der Ostukraine wird trotz der intensiven Krisendiplomatie von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande weiter geschossen. Nach stundenlangen Gesprächen von Merkel und Hollande erst mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Kiew und dann mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau soll nun ein neuer Friedensplan ausgearbeitet werden.
An diesem Sonntag ist ein Vierer-Telefonat geplant, bei dem das Dokument vorgestellt werden könnte. Einige Fragen und Antworten zur komplizierten Lage in dem Konflikt:
Wie groß sind die Chancen für eine Einigung auf einen Friedensplan?
Die Fronten sind verhärtet. Offiziell beteuern die Konfliktparteien - also die ukrainische Regierung und die von Russland unterstützten Separatisten -, dass sie zu einer neuen Feuerpause bereit seien. Aber jede Seite verfolgt unterschiedliche Interessen. Auch in Moskau sind Medien zufolge nun deutsche und französische Experten im Einsatz, um mit russischen Kollegen einen Aktionsplan auszuarbeiten.
Streit gibt es zum Beispiel über den Verlauf einer Waffenstillstandslinie und den Status für das umkämpfte Gebiet Donezk-Lugansk. Die Bergbauregion ist für die Energieversorgung der Ukraine wichtig. Die in die EU strebende Regierung in Kiew will die Kontrolle über die gesamte Region zurückerlangen. Angeboten hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine zeitweilige Autonomie. Dagegen fordern die Separatisten in dem russisch geprägten Gebiet weitgehende Selbstbestimmungsrechte.
Warum sind bisherige Friedensinitiativen gescheitert?
An dem Scheitern bisheriger Feuerpausen geben sich die ukrainischen Regierungstruppen und die prorussischen Separatisten gegenseitig die Schuld. Auf beiden Seiten kämpfen auch Einheiten ohne klare Kommandostrukturen. Neben dem regulären Militär kämpfen auf ukrainischer Seite etwa freiwillige Einheiten, die von Oligarchen finanziert werden. In den Reihen der Separatisten gibt es nach deren eigener Darstellung Tausende Freiwillige aus Russland - viele von ihnen ausgebildete Soldaten.
Wie kann es trotz dieser Lage Frieden geben?
Bereits im September hatten die Konfliktparteien in der weißrussischen Hauptstadt Minsk den Abzug schwerer Militärtechnik sowie die Schaffung einer entmilitarisierten Zone vereinbart. Dazu sollen die kämpfenden Seiten großkalibrige Waffen jeweils auf einer Entfernung von 15 Kilometern von der Frontlinie abziehen. Die dort eingesetzten ukrainischen und russischen Offiziere konnten diese Vereinbarung bisher nicht umsetzen. Ein Waffenstillstand muss zudem überwacht werden. Zwar sind in der Region Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Einsatz. Vor allem Russland setzt sich aber dafür ein, dass es eine Blauhelmmission der Vereinten Nationen gibt.
Was kann Russland tun für eine Deeskalation?
Diskutiert wird eine bessere Kontrolle der extrem langen und durchlässigen Grenze zwischen Russland und der Ukraine. So soll das Einsickern von Kämpfern und von Waffen aus Russland verhindert werden. Dass es russische Söldner an der Seite der Separatisten gibt, gilt als unumstritten. Die Militärführung in Russland bestreitet aber, offiziell Soldaten, Technik und Waffen in der Ukraine einzusetzen. Russland verlangte vom Westen Beweise für solche Vorwürfe. Gekämpft wird meist mit veralteter Militärtechnik aus Sowjetzeiten. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte auch ukrainischen Waffenhändlern Schmuggel von Militärtechnik über seine Grenze vorgeworfen.
Kann die Ukraine die Kontrolle über den Donbass zurückerlangen?
Die ukrainische Regierung will alles für die territoriale Einheit des Landes tun. Die politischen Falken in Kiew sehen allerdings am ehesten eine militärische Lösung, um die Kontrolle über die abtrünnige Region Donbass zurückzuerhalten. Sie setzen deshalb auf militärische Hilfe und Waffenlieferungen von den Nato-Staaten. Sie warnen vor einer diplomatischen Lösung, weil sie befürchten, dass die Krise bei einer Waffenruhe eingefroren werden könnte. Auch die USA hatten vor einem weiteren Konflikt dieser Art im postsowjetischen Raum gewarnt. Bereits die bisherigen umstrittenen Gebiete Transnistrien, Ossetien, Abchasien und Berg-Karabach gelten als Dauerbelastung der internationalen Politik.