Fragen und Antworten: Der Rahmen für Griechenlands Hilfspaket
Brüssel/Athen (dpa) - Die monatelange Hängepartie um Hilfsgelder für Griechenland soll bald ein Ende haben. Damit Griechenland bis zu 86 Milliarden Euro bekommt, muss es aber detaillierte Bedingungen erfüllen.
Am Freitag sollen darüber die Euro-Finanzminister entscheiden. Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:
Muss Griechenland nun sein Tafelsilber verscherbeln?
Griechenland muss Staatseigentum veräußern - das verlangen die Geldgeber. „Panikverkäufe“ soll es aber nicht geben, versichern EU-Kreise und griechische Regierung gleichermaßen. Durch Privatisierungen und die Vergabe von Betriebserlaubnissen an Unternehmen könnte Athen in den nächsten drei Jahren 6,5 Milliarden Euro einnehmen, hofft man. Diese Summe soll in den nächsten Jahrzehnten auf 50 Milliarden ansteigen. Einzelheiten soll eine Arbeitsgruppe aber erst bis zum Jahresende klären.
Griechenlands Premier Alexis Tsipras selbst war nicht gerade glücklich mit den Auflagen der Geldgeber. Ist der Athener Reformwille glaubwürdig?
Immerhin hat das griechische Parlament in kurzer Zeit bereits viele Reformgesetze verabschiedet. Das verlangten die Geldgeber sozusagen als Vorleistung für die Verhandlungen über ein neues Hilfspaket. Gebilligt wurde etwa die Erhöhung des Rentenalters oder die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf die meisten Lebensmittel von 13 auf 23 Prozent. Weitere 57 Maßnahmen sollen an diesem Donnerstag folgen. Ein weiteres Paket soll bis zum Oktober abgestimmt sein.
Lange war die Atmosphäre zwischen Athen und seinen Geldgebern vergiftet. Wie ist das heute?
Besser - sonst wären so detaillierte Vereinbarungen vermutlich gar nicht möglich gewesen. In EU-Kreisen ist von einer „absolut grundlegenden Veränderung“ die Rede. Die Arbeitsatmosphäre sei „extrem herzlich, angenehmen und freundlich“.
Selbst wenn man hinter dieser Beschreibung auch politische Motive vermutet: Vor zwei Monaten wären diese Worte wohl nicht gefallen. Doch seither hat der bedächtige Euklid Tsakalotos den Provokateur Gianis Varoufakis als Finanzminister abgelöst. Auch die Rückkehr der ungeliebten Geldgeber-Vertreter nach Athen wird als hilfreich beschrieben: „Sie sehen, dass wir menschliche Wesen sind und nicht irgendwelche Roboter“, heißt es erleichtert bei der EU.
Wie sieht es mit der Haushaltskonsolidierung aus?
Hier haben die Geldgeber ihre Erwartungen heruntergeschraubt. Man könnte auch sagen: Sie rechnen die drastische Verschlechterung der griechischen Wirtschaft mit ein. Der drohende Euro-Austritt und die Beschränkungen des Kapitalverkehrs haben die Konjunktur abgewürgt was auch die Ebbe in der Staatskasse weiter verschlimmert.
Erleichterungen gibt es nun beim Thema Primärhaushalt. Das ist der griechische Haushalt ohne Zinsen für laufende Kredite und Tilgungen. Lange galt ein dauerhafter Primärüberschuss von 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung als nötig, damit der Schuldenberg nicht noch weiter ansteigt.
Doch nach der Grundsatzvereinbarung, die Experten der Geldgeber mit der Athener Regierung erzielt haben, ist für das laufende Jahr ein Primärdefizit von 0,25 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt, für 2016 ist ein Überschuss von 0,5 Prozent geplant, für 2017 von 1,75 Prozent und ab 2018 3,5 Prozent.
Ist das Paket ein reines Sparprogramm?
EU-Kreise verweisen auf eine neue soziale Grundsicherung, die ab April kommenden Jahres nach und nach eingeführt werden soll. Details blieben aber vorerst völlig unklar, im 29-seitigen Papier mit Bedingungen für das dritte Hilfspaket stehen dazu nur dürre Worte. Die Höhe solle etwa von der Familienzusammensetzung abhängen, hieß es in EU-Kreisen. Es gibt auch andere Regelungen. So soll der Preis für Nachahmer-Medikamente (Generika) begrenzt werden.
Hat Griechenland denn Chancen auf Wachstum?
Langfristig seien all die Reformen zum Wohle des Landes, heißt es immer wieder in Brüssel. Doch die schwer angeschlagene griechische Wirtschaft wird sich nicht über Nacht erholen. Vielmehr dürfte die Rezession nach Einschätzung von EU-Kreisen noch im kommenden Jahr andauern. Wachstum wird demnach erst für 2017 erwartet, und zwar 2,7 Prozent.