Fragen & Antworten: Edathys zweifelhafte One-Man-Show
Berlin (dpa) - Hat Sebastian Edathy verbotene Kinderpornos aus dem Internet herunter geladen? Wurde er vor Ermittlungen gewarnt? Seriöse Antworten gibt es bislang kaum. Daran ändert auch Edathys Auftritt in Berlin wenig.
120 Minuten vor der Hauptstadtpresse, dann im Untersuchungs-Ausschuss „gegrillt“. Seit Februar war Sebastian Edathy untergetaucht, hielt sich die meiste Zeit im Ausland auf. Jetzt spricht er das erste Mal öffentlich über die Kinderpornografie-Affäre, die im Frühjahr die große Koalition kurz nach dem Start erschütterte. Doch vieles liegt weiter im Dunkeln - Ende offen.
Was wird Edathy vorgeworfen?
Der 45-Jährige soll über das Internet Kinderpornos gekauft haben. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover hat sich Edathy zwischen November 2013 und Februar 2014 in sieben Fällen mit Hilfe seines Dienst-Laptops kinderpornografische Bild- und Videodateien eines russischen Anbieters heruntergeladen. Zudem soll er einen Bildband und eine CD besessen haben, deren Inhalt von der Staatsanwaltschaft als jugendpornografisch eingestuft wird.
Was sagt Edathy zu den Anschuldigungen?
Edathy streitet ab, Kinderpornos über den Bundestagsserver heruntergeladen zu haben. Am Donnerstag sagt er: „Es war sicherlich falsch, diese Filme zu bestellen, das will ich gerne einräumen. Aber es war legal.“ Am Morgen behauptet er, der zuständige Richter am Landgericht Verden habe die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage angeboten. Das sei falsch, sagt eine Gerichtssprecherin. Der Antrag stamme von Edathys Verteidigern.
Wie sind die Ermittler auf ihn aufmerksam geworden?
Edathy geriet ins Visier der Behörden, weil sein Name auf der Kundenliste einer kanadischen Firma stand, die unter anderem kinderpornografisches Material verbreitete.
Welche Strafe droht ihm bei einer Verurteilung?
Für den Besitz entsprechenden Materials droht aktuell laut Paragraf 184 b des Strafgesetzbuches („Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften“) eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Das Gericht wies bereits darauf hin, dass ein Strafmaß „eher im unteren Bereich“ zu erwarten sei, weil es sich „um vergleichsweise wenige Taten mit einer noch begrenzten Anzahl an Zugriffen“ handele.
Wo war Edathy in den vergangenen Monaten?
Der genaue Ort ist unbekannt. Fest steht nur, dass er nicht in Deutschland war. Im Frühjahr soll er zunächst in Skandinavien, dann im Mittelmeer-Raum abgetaucht gewesen sein. Am Donnerstag berichtet n-tv, Edathy sei aus Marrakesch in Marokko nach Berlin gekommen.
Wovon lebt Edathy nach dem Verzicht auf sein Bundestagsmandat?
Wie jeder Ex-Abgeordnete hat auch er Anspruch auf Übergangsgeld. Nach dem Abgeordnetengesetz wird es in Höhe der Abgeordnetenentschädigung für jedes Jahr der Mitgliedschaft einen Monat geleistet, höchstens jedoch 18 Monate lang. Im Fall von Edathy ist der Anspruchszeitraum März 2014 bis Mai 2015. In Summe beträgt bei Edathy das Übergangsgeld 130 420 Euro. Im Ausschuss verrät er den Abgeordneten, dass ein Buchprojekt mit dem „Stern“ im Gespräch ist. In dem Magazin hatte er ausgepackt und seinen SMS-Wechsel mit der SPD-Spitze veröffentlicht. In der SPD heißt es dazu: „Wo Geld für die Wahrheit fließt, kann es mit der Glaubwürdigkeit nicht weit her sein.“
Wie geht es jetzt weiter?
Am 23. Februar soll am Landgericht Verden der Prozess gegen Edathy starten. Juristen gehen davon aus, dass es ein kurzes Verfahren wird. Die Zeugenliste dürfte kurz sein, stattdessen gehe es im Kern um eine Würdigung der sichergestellten Computerdaten.
Warum ist die Affäre für die SPD brisant?
Die SPD-Spitze um Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann behauptet felsenfest, aus ihrem Kreis sei Edathy oder dessen Umfeld nicht vor drohenden Ermittlungen gewarnt worden. CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich hatte im Oktober 2013 Gabriel über den Verdacht gegen den SPD-Aufsteiger informiert. Friedrich kostete das sein Ministeramt. Oppermann kam um einen Rücktritt herum, obwohl ein Anruf von ihm beim BKA-Präsidenten Jörg Ziercke sowie ein Gespräch mit Hartmann bis heute nebulös bleiben.
Kann es für Oppermann noch mal eng werden?
Hängt davon ab, ob seine Darstellung aus dem Februar zum Informationsfluss in der SPD noch erschüttert wird. An Eides Statt erklärt Edathy nun zwar, Oppermann habe unwahre Angaben gemacht. Was falsch sein soll, sagt er aber nicht. Die von Edathy präsentierten SMS-Kontakte mit führenden Genossen werden in der SPD als juristisch irrelevant bewertet. Von einer „Schmutzkampagne“ Edathys ist die Rede, mit der dieser vom Kinderporno-Vorwurf ablenken wolle.
Wie sehr wird die Koalition durch die Affäre belastet?
Der Fall Edathy vermasselte Schwarz-Rot im Frühjahr den Start. Oppermann agierte danach lange auf Bewährung. Zwar betont die Union, die Affäre dürfe nicht ein zweites Mal eine Regierungskrise auslösen. Doch beim kleinsten neuen Fehler würde gerade die CSU, die Friedrich verlor, Oppermann vor sich her treiben. Anfang 2015 muss die SPD-Spitze vor den Ausschuss - der Schatten Edathy dürfte noch länger über der Koalition liegen.