Fragen und Antworten: Was nun, Obama?
Washington (dpa) - Schlimmer hätte die Niederlage für US-Präsident Barack Obama bei den Kongresswahlen nicht ausfallen können. Mit dem Untergang seiner Demokraten ordnen sich die Machtverhältnisse in Washington neu.
Seine Politik wird er völlig ändern müssen.
Was ist bei den Kongresswahlen passiert?
Genau das, was die Umfragen vorhergesagt und die Demokraten befürchtet haben. Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat zurückerobert. Zugleich bleiben sie mit Abstand die stärkste Partei im Repräsentantenhaus. Damit sind künftig erstmals seit acht Jahren beide Kongresskammern wieder in der Hand der Konservativen.
Gab es Überraschungen?
Erstaunlich ist die Klarheit der demokratischen Niederlage. Die „Washington Post“ spricht von einer „republikanischen Welle“, die über das Land hereinbrach. Mindestens 10 der 13 knappen Senatsrennen entschieden die Konservativen für sich. Um mindestens 10 Sitze vergrößerten sie ihren Vorsprung im Abgeordnetenhaus. Bei den Gouverneurswahlen gab es ebenfalls Überraschungssiege.
Wie kam es zu den Verlusten der Demokraten?
Bei der Kongresswahl in der Mitte zwischen zwei Präsidentenwahlen, den sogenannten „Midterms“, bekommt meist die Regierungspartei einen Denkzettel verpasst. Da geht es jetzt Obama nicht viel anders als seinen Vorgängern George W. Bush oder Bill Clinton. Hinzu kam aber, dass Obama mittlerweile beim Volk sehr unbeliebt ist. Auch in seiner Partei sind viele einstige Fans schwer enttäuscht von ihm.
Was bedeutet das Resultat konkret?
Es klingt hart - und das ist es auch: Die Demokraten haben im Kongress nichts mehr zu sagen. Nur noch die Republikaner können Gesetze durch das Parlament bringen. Für Obama bedeutet das, er muss Kompromisse eingehen - oder mit einer Totalblockade rechnen.
Herrschte vorher nicht schon politischer Stillstand?
Im Kern ja. Weil die Republikaner seit 2010 das Repräsentantenhaus beherrschten, konnten sie bereits nahezu alle Initiativen der Demokraten blockieren. Gesetze müssen stets wortgleich in beiden Kammern verabschiedet werden. Doch die Senatsmehrheit verschaffte Obama einige Freiräume, die er nun auch verloren hat.
Was bedeutet das im Detail?
Der Senat ist etwa für Personalentscheidungen verantwortlich. Wenn Obama einen Minister, Bundesrichter oder Botschafter ernennt, muss dieser vom Oberhaus bestätigt werden. Bei der Besetzung wichtiger Ämter kommt der Präsident nun nicht mehr an den Republikanern vorbei. Die erste Nagelprobe steht schon an, da ein Nachfolger für Justizminister Eric Holder gefunden werden muss.
Worauf muss sich Obama noch gefasst machen?
Der Kongress legt den Staatshaushalt fest, den der Präsident zum Regieren braucht. Auch da ist er jetzt weitgehend von der Opposition abhängig. Will er zudem Herzensanliegen wie eine Einwanderungsreform umsetzen, wird er Abstriche von seinen Vorstellungen machen müssen.
Können die Republikaner jetzt machen, was sie wollen?
So einfach ist das nicht. Erstens haben die Demokraten im Senat immer noch mehr als 40 der 100 Sitze - und damit eine Sperrminorität. Gesetze können wegen der Geschäftsordnung nur mit Zustimmung von 60 Senatoren verabschiedet werden. Zweitens kann Obama gegen jeden Vorstoß aus dem Kongress ein Veto einlegen. Die Frage ist, ob er seine letzten zwei Jahre im Amt als Blockierer fristen will.
Wie kann er den politischen Totalstillstand verhindern?
Obama könnte sich darauf versteifen, mit Hilfe von Erlassen zu regieren, für die er keine Genehmigung durch den Kongress braucht. Die haben zwar nicht die Bindekraft von Gesetzen, können aber dennoch etwas ausrichten. In der Umwelt-, Bildungs- und Einwanderungspolitik setzte er sie bisher häufiger ein. Doch wenn er wirklich noch einen großen Wurf schaffen will, muss er sich mit den Republikanern an den Tisch setzen und harte Kompromisse machen. Die Frage ist aber, ob die Konservativen da vor der Präsidentenwahl 2016 überhaupt mitspielen.
Hat das auch außenpolitische Folgen?
Nicht direkt, da die Außen- und Verteidigungspolitik die Domäne des Weißen Hauses ist. Doch Obama wird nicht einfach am Parlament vorbei handeln können. Internationale Abkommen müssen im Kapitol bestätigt werden. Auch Kriege kann offiziell nur der Kongress erklären. Zudem werden einflussreiche Ausschüsse künftig von Republikanern geleitet.