Friedensplan für die Ostukraine: Warum das so schwierig ist

Moskau (dpa) - Im Kriegsgebiet Donbass in der Ostukraine wird trotz intensiver Krisendiplomatie von Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef François Hollande weiter geschossen. Auch am Wochenende starben Dutzende Menschen.

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Nach einen Telefonat von Merkel und Hollande mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit Kremlchef Wladimir Putin am Sonntag gibt es Hoffnung auf einen neuen Friedensplan. Er könnte an diesem Mittwoch bei einem Vierer-Gipfel in der weißrussischen Hauptstadt Minsk vorgestellt werden - und eine neue Waffenruhe einleiten. Einige Fragen und Antworten zur komplizierten Lage in dem Konflikt:

Wie groß sind die Chancen für eine Einigung auf einen Friedensplan?

Die Fronten sind verhärtet. Offiziell beteuern die Konfliktparteien - also die ukrainische Regierung und die von Russland unterstützten Separatisten -, dass sie zu einer neuen Feuerpause bereit seien. Aber jede Seite verfolgt unterschiedliche Interessen. Kremlchef Wladimir Putin spricht von einer Reihe unterschiedlicher Positionen, die bis zu einem geplanten Friedensgipfel an diesem Mittwoch (11. Februar) in der weißrussischen Hauptstadt Minsk noch angeglichen werden müssten.

Streit gibt es zum Beispiel über den Verlauf einer Waffenstillstandslinie und den Status für das umkämpfte Gebiet Donezk-Lugansk. Die Bergbauregion ist für die Energieversorgung der Ukraine wichtig. Die in die EU strebende Regierung in Kiew will die Kontrolle über die gesamte Region zurückerlangen. Angeboten hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine zeitweilige Autonomie. Dagegen fordern die Separatisten in dem russisch geprägten Gebiet weitgehende Selbstbestimmungsrechte.

Warum sind bisherige Friedensinitiativen gescheitert?

An dem Scheitern bisheriger Feuerpausen geben sich die ukrainischen Regierungstruppen und die prorussischen Separatisten gegenseitig die Schuld. Auf beiden Seiten kämpfen auch Einheiten ohne klare Kommandostrukturen sowie Söldner mit Staatsbürgerschaften anderer Staaten. Neben dem regulären Militär kämpfen auf ukrainischer Seite etwa freiwillige Einheiten oder Privatarmeen, die von Oligarchen finanziert werden. In den Reihen der Separatisten gibt es nach deren eigener Darstellung Tausende Freiwillige aus Russland - viele von ihnen ausgebildete Soldaten. Oft ist unklar, auf wessen Befehle diese Kampfverbände hören. Sie sind eine Gefahr für jede Waffenruhe.

Wie kann es trotz dieser Lage Frieden geben?

Bereits im September hatten die Konfliktparteien in der weißrussischen Hauptstadt Minsk den Abzug schwerer Militärtechnik sowie die Schaffung einer entmilitarisierten Zone vereinbart. Dazu sollen die kämpfenden Seiten großkalibrige Waffen jeweils auf einer Entfernung von 15 Kilometern von der Frontlinie abziehen. Die dort eingesetzten ukrainischen und russischen Offiziere konnten diese Vereinbarung aber bisher nicht umsetzen. Ein Waffenstillstand muss zudem überwacht werden. Zwar sind in der Region Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Einsatz. Vor allem Russland setzt sich aber dafür ein, dass es eine Blauhelmmission der Vereinten Nationen gibt.

Was kann Russland tun für eine Deeskalation?

Diskutiert wird eine bessere Kontrolle der mehrere hundert Kilometer langen und durchlässigen Grenze zwischen Russland und der Ukraine. So soll das Einsickern von Kämpfern und von Waffen aus Russland verhindert werden. Dass es russische Kämpfer an der Seite der Separatisten gibt, gilt als unumstritten. Kremlchef Wladimir Putin hatte gesagt, dass diese Freiwilligen „ihrem Herzen“ folgten. Die Militärführung in Moskau bestreitet aber kategorisch, russische Soldaten, Technik und Waffen in der Ukraine einzusetzen. Russland verlangte vom Westen Beweise für solche Vorwürfe. Gekämpft wird meist mit veralteter Militärtechnik aus Sowjetzeiten. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte zuletzt auch ukrainischen Waffenhändlern Schmuggel von Militärtechnik über seine Grenze vorgeworfen - und nach eigenen Angaben einen Verdächtigen gefasst.

Kann die Ukraine die Kontrolle über den Donbass zurückerlangen?

Die ukrainische Regierung will alles für die territoriale Einheit des Landes tun. Die politischen Falken in Kiew sehen allerdings am ehesten eine militärische Lösung, um die Kontrolle über die abtrünnige Region Donbass zurückzuerhalten. Sie setzen deshalb auf militärische Hilfe und Waffenlieferungen von den Nato-Staaten. Sie warnen vor einer diplomatischen Lösung, weil sie befürchten, dass die Krise bei einer Waffenruhe eingefroren werden könnte. Auch die USA hatten vor einem weiteren Konflikt dieser Art im postsowjetischen Raum gewarnt. Bereits die bisherigen umstrittenen Gebiete Transnistrien, Ossetien, Abchasien und Berg-Karabach gelten als Dauerbelastung der internationalen Politik.

Welche Rolle spielen die USA im Ukraine-Konflikt?

Die USA haben der Ukraine breite Unterstützung zugesagt. Aus russischer Sicht ist amerikanisches „Großmachtstreben“ Auslöser der Krise. Bei der Sicherheitskonferenz in München warf Außenminister Sergej Lawrow den USA vor, die Lage in der Ex-Sowjetrepublik gezielt eskalieren zu lassen. Er warnte in diesem schwersten Konflikt seit Ende des Kalten Krieges auch davor, die Ukraine mit Waffen auszurüsten. Das werde die Lage nur verschlimmern. Nach Darstellung von Lawrow hat Präsident Petro Poroschenko kein „Machtmonopol über die Sicherheitsstrukturen“. Es bestehe daher die Gefahr, dass die Waffen in Händen unkontrollierbarer Kampfverbände landeten.