Friedrichs Olympia-Auftritt: „Ich zeige es euch allen“
London (dpa) - Achillessehnenriss, Katzenbiss, Facebook-Affäre, Formkrise, EM-Absage, Nominierungs-Hickhack - am Donnerstag zählt das alles nicht mehr. Die deutsche Rekordhalterin Ariane Friedrich tritt bei der olympischen Hochsprung-Qualifikation in London an und setzt auf eine Trotzreaktion.
„Ich habe nichts mehr zu verlieren. Jeder erwartet, dass ich nicht ins Finale komme“, sagte die Frankfurterin. „Das ist eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass ich es kann.“
Als Medaillenkandidatin gilt Friedrich längst nicht mehr: Zu viel ging in dieser Saison schief, zu sehr hatte der Achillessehnenriss im Dezember 2010 die Hallen-Europameisterin und WM-Dritte von 2009 zurückgeworfen, zu schwach präsentierte sie sich in diesem Sommer. Die einstige 2,06-Meter-Springerin versuchte sich mehrfach an der A-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) für London von 1,95 Meter - und scheiterte zunehmend verzweifelt.
Bei der Europameisterschaft in Helsinki musste Friedrich wegen eines Magen-Darm-Virus passen. Mehrfach vermasselte ihr schlechtes Wetter einen Wettkampf - wie zuletzt bei ihrem 1,84-Meter-Sprung im italienischen Pergine. Die olympische Eröffnungsfeier in London hatte sie sich im Trainingslager in Kienbaum am Fernseher angeschaut. „Das hat mich sehr bewegt. Da ist mir bewusstgeworden, dass es sich gelohnt hat, hart an meinem Comeback zu arbeiten“, meinte die 28-Jährige.
Die Polizei-Kommissarin will unbedingt das Finale erreichen und es ihren Kritikern zeigen, die sich über die Ausnahmeregelung mehr oder weniger offen beschwert haben. „Ich sehe das nicht als Extrawurst an. Ich habe die internationale B-Norm von 1,92 Meter zweimal erreicht. Das ist kein Geschenk, sondern ein Vertrauensvorschuss des DLV.“ Eine Absage war nach ihren Angaben zu keinem Zeitpunkt ein Thema: „Ich bin immer noch sehr gut in Form und möchte das unter Beweis stellen. Ich habe 20 Monate auf die Olympischen Spiele hingearbeitet, deshalb habe ich niemals erwogen, nicht nach London zu fahren.“
Trainer und Manager Günter Eisinger sah seinen Schützling zuletzt oft von den Medien ungerecht behandelt. Vor allem bei den öffentlichen Reaktionen in der Facebook-Affäre: Da hatte Friedrich einen Mann, der sie per Mail sexuell belästigt hatte, namentlich und mit Adresse genannt, bevor der Fall polizeilich geklärt war. „Sie muss das Gefühl entwickeln: Ich zeige es euch allen“, forderte Eisinger von der Hochspringerin, die zuletzt in einem tiefen Tal steckte. Friedrich ist sich sicher: „Wenn ich richtig unter Druck stehe, kann ich in London sehr gut springen.“