Gauck: Von Weizsäcker war „moralische Instanz“
Berlin (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat seinen verstorbenen Vorgänger Richard von Weizsäcker als ein „herausragendes Staatsoberhaupt“ gewürdigt.
„Die Nachricht erfüllt mich mit tiefer Trauer. Wir verlieren einen großartigen Menschen und ein herausragendes Staatsoberhaupt“, schrieb Gauck in einem Kondolenzschreiben an die Witwe Marianne Freifrau von Weizsäcker.
Er habe das Amt des Bundespräsidenten auf bleibende Weise geprägt und sei ein Zeuge des Jahrhunderts gewesen. „Aus der Erfahrung von Krieg und Gewaltherrschaft folgte sein Engagement für ein friedliches und vereintes Europa“, so Gauck. „Er vertiefte die Freundschaft mit den Partnern im Westen und suchte die Verständigung mit den Völkern im Osten. Schon früh sah er in der Überwindung der Spaltung Europas die einzige Möglichkeit zur Überwindung der Spaltung Deutschlands.“ Von Weizsäcker habe weltweit für ein Deutschland gestanden, das seinen Weg in die Mitte der demokratischen Völkerfamilie gefunden hatte. „Er stand für eine Bundesrepublik, die sich ihrer Vergangenheit stellt.“
In seiner großen Rede zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation habe er als Bundespräsident unmissverständlich klargemacht: „Der 8. Mai 1945 war ein „Tag der Befreiung“ vom „menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“. Sein Diktum, dass der 8. Mai nicht vom 30. Januar 1933 zu trennen ist, ist eine nicht revidierbare Grundlage für unser Selbstverständnis und unser Handeln geworden.“
Als erster Bundespräsident des vereinten Deutschland habe von Weizsäcker einen großen Beitrag zum Zusammenwachsen von Ost und West geleistet. „Als Bundespräsident verstand er es, auf Probleme und Missstände aufmerksam zu machen, Debatten anzustoßen und Perspektiven zu eröffnen. Für die meisten Menschen war er eine moralische Instanz.“