Richard von Weizsäcker: Mann des Wortes
Berlin (dpa) - Richard von Weizsäcker hat wie kaum ein anderer Politiker mit Worten das politische Klima Deutschlands beeinflusst. Der frühere Bundespräsident galt auch nach seiner Amtszeit (1984-1994) als politische und geistige Leitfigur.
Zitate von ihm:
VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG „Der 8. Mai 1945 ist ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ (Rede als Bundespräsident vor dem Bonner Bundestag zum 40. Jahrestag der Kapitulation, Bonn, 8. Mai 1985)
PATRIOTISMUS „Der Nationalist ist einer, der die anderen hasst. Der Patriot ist einer, der das eigene Land liebt und den Patriotismus der Nachbarn versteht und achtet.“ (ZDF-Interview, 21.12.1986)
DEUTSCHE EINHEIT „Die Mauer in Berlin ist eine Realität; aber realistisch ist sie nicht, denn sie ist nicht vernünftig, nicht human. Deshalb wird sie in der geschichtlichen Perspektive keinen Bestand haben.“ (Als Bundespräsident am 18. März 1986)
„Aber kein Weg führt an der Erkenntnis vorbei: Sich zu vereinen, heißt teilen lernen“ (Ansprache als erster gesamtdeutscher Bundespräsident zum „Tag der deutschen Einheit“ in Berlin, 3. Oktober 1990)
„Die Angleichung der Lebensverhältnisse des Ostens an den Westen ist ein großes Ziel, zu groß, als dass glaubwürdig versprochen werden dürfte, es ließe sich schon während der nächsten fünf Jahre wirklich erreichen.“ (Rede zum zweiten Jahrestag der deutschen Einheit, 3. Oktober 1992)
AUSLÄNDER IN DEUTSCHLAND „Die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger bei uns müssen die Zuversicht bekommen, dass sie bei uns mit derselben Achtung ihre Menschenwürde leben können, wie die Deutschen auch.“ (Im ZDF zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Magdeburg, 15. Mai 1994)
POLITIK UND MACHT „Die große Mehrheit unserer Bürger beurteilt sehr nüchtern, worauf es langfristig ankommt. (...) Deshalb warten die Bürger auf Wahlkämpfe, bei denen die Parteien nicht mit Billigangeboten werben, so als wären sie Supermärkte.“ (Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten, 1993)
„Politiker werden immer mehr von Jugend an zu parteiabhängigen Berufspolitikern. Selbstständigkeit und Qualität nehmen ab.“ (Von Weizsäcker im Gespräch mit Gunter Hofmann und Werner A. Perger, Eichborn Verlag 1992)
„Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beiden zugleich geprägt, nämlich machtversessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen politischen Führungsaufgabe.“ (Gespräch mit der „Zeit“, 19. Juni 1992)
KIRCHE „Als Laie habe ich in meiner Kirche Kraft geschöpft für die praktischen Herausforderungen eines jeden Tages.“ (Grußwort zum 92. Deutschen Katholikentag in Dresden, 29. Juni 1994)