Gomez und Adler fahren nicht zur Fußball-WM

Frankfurt/Main (dpa) - Joachim Löw setzt bei seiner WM-Mission bei zentralen Figuren weiter auf das Prinzip Hoffnung, hat aber in Mario Gomez und Renè Adler zwei prominente Sorgenkinder schon konsequent aussortiert.

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Gomez, seit der EM 2008 bei jedem Turnier dabei, und Adler als einstige Nummer 1 im Tor gehören nicht zur Liste der 30 Spieler, die der Bundestrainer kurz vor der Abreise ins Fußball-Traumland Brasilien noch um sieben Mann reduzieren muss.

„Wir haben die Entscheidung aus absoluter Überzeugung getroffen. Hinter jedem dieser Namen steht ein klares Ja“, erklärte ein entspannt wirkender Löw bei der Bekanntgabe des vorläufigen Aufgebots in der weltmeisterlich geschmückten Verbandszentrale in Frankfurt. Der oberste deutsche Fußballlehrer mühte sich, 39 Tage vor dem ersten WM-Spiel des dreimaligen Weltchampions am 16. Juni gegen Portugal, die düstere Stimmung zu vertreiben, für die er selbst mit seinen „Kopfschmerzen“ über die Verfassung wichtiger Akteure gesorgt hatte.

„Die Situation hat sich verbessert zu unseren Gunsten“, bemerkte Löw mit Hinweis darauf, dass sich einige lange verletzte und formschwache Akteure zuletzt wieder stabilisiert hätten. „Diesen Weckruf im März, dass die Uhr tickt, haben einige Spieler schon verstanden“, sagte der Freiburger vor seinem vierten Turnier als DFB-Cheftrainer.

Die schwarz-rot-goldenen Glücksbändchen, die Hostessen vor dem Sepp-Herberger-Saal verteilten, können Löw und seine Spieler dennoch gut gebrauchen. „Es gibt schon noch ein paar Fragezeichen“, räumte der Bundestrainer ein. Vor allem bei Sami Khedira, den Löw trotz halbjähriger Verletzungspause im Gegensatz zu Gomez weiter die Chance einräumt, pünktlich in WM-Form zu kommen. Der defensive Mittelfeldspieler von Real Madrid sei „wegen seiner Persönlichkeit und Erfahrung unverzichtbar“, unterstrich Löw: „Form und Fitness sind sehr zentrale Kriterien. Aber es gibt keine Regel ohne Ausnahme, diese Ausnahme haben wir gemacht bei Sami Khedira“, sagte Löw.

Auch bei zuletzt maladen Spielern wie Benedikt Höwedes, Marcel Schmelzer oder Marcell Jansen „müssen wir noch mal sehen“, erklärte Löw. Der bald 36-jährige Klose soll trotz mehrerer Verletzungspausen in seinem siebten großen Turnier nochmals helfen. Obwohl er selbst bei der Vorstellung seiner noch 30 Hoffnungsträger auf Worte wie Titel, WM-Gewinn oder Triumph verzichtete, weiß Löw um die hohe Erwartungen im Sommer. Spielmacher Mesut Özil formulierte in der „Bild“-Zeitung deutlich: „Natürlich, wir wollen Weltmeister werden. Ein dritter Platz oder guter Fußball reicht uns nicht mehr.“

Nach dem Test am kommenden Dienstag in Hamburg gegen Polen, für den durch das DFB-Pokalfinale und Verpflichtungen der Auslandsprofis nur zehn Spieler aus dem WM-Kader zur Verfügung stehen, will Löw festlegen, welche 25 oder 26 Profis mit ins Trainingslager nach Südtirol reisen. Am 2. Juni, einen Tag nach dem Spiel gegen Kamerun, muss er sich auf sein endgültiges 23-köpfiges Aufgebot festlegen, das am 7. Juni nach Südamerika starten wird.

Bis dahin will Löw mit gleich sechs Länderspiel-Neulingen „frisches Blut“ in den Kader bringen. Erstmals überhaupt nominiert für das A-Team wurden der Dortmunder Linksverteidiger Erik Durm, die Schalker Mittelfeldspieler Max Meyer und Leon Goretzka sowie der Hoffenheimer Angreifer Kevin Volland. Ohne Länderspielerfahrung sind zudem der Augsburger Offensivspieler André Hahn und Verteidiger Shkodran Mustafi von Sampdoria Genua.

Volland als einziger echter Stoßstürmer im Aufgebot neben Routinier Miroslav Klose und Durm haben dabei die besten Chancen, Brasilien tatsächlich zu erleben. „Die Überraschung und die Freude ist natürlich gigantisch“, sagte der 21 Jahre alte Dortmunder Jungprofi Durm. „Ich gebe alles und werde die Zeit genießen“, erklärte der glückliche U-21-Kapitän Volland.

Den Verzicht auf Gomez begründete Löw mit den dessen Verletzungen in dieser Saison. „Er hat seit September nur 280 Minuten gespielt“, sagte Löw. Er traute dem Stürmer nicht zu, unter den extremen Bedingungen in Brasilien in der Lage zu sein, „körperlich zu bestehen“. Die Karriere des 28-jährigen Stürmers in der Nationalmannschaft sei aber „keinesfalls beendet“.

Gomez berichtete auf seiner Facebook-Seite von dem schmerzhaften Anruf des Bundestrainers. „Bis zuletzt habe ich daran geglaubt, rechtzeitig fit zu werden.“ Aber die Verletzungen hätten ihn permanent zurückgeworfen: „Die hässlichste Saison meiner Karriere endet mit einem weiteren Rückschlag.“ Zu den frustrierten Akteuren zählen auch Gladbachs Max Kruse, der Leverkusener Sidney Sam, Dortmunds Sven Bender und der Hamburger Heiko Westermann, die ebenfalls Absagen bekamen.

Die meisten Spieler im 30er Kader (Altersschnitt 24,8 Jahre) stellen die Pokalfinalisten Bayern München mit sieben und Borussia Dortmund mit sechs Akteuren. Im Tor setzt Löw neben der „klaren Nummer eins“ Manuel Neuer auf den international erfahrenen BVB-Routinier Roman Weidenfeller und den konstant haltenden Ron-Robert Zieler von Hannover 96. Das Nachsehen hatte neben Adler der Gladbacher Marc-André ter Stegen, der nur gegen Polen dabei sein darf.

Aus dieser Partie zur Unzeit macht Löw ein „Spiel mit Aussicht“ für junge Spieler, die sogar noch die Chance ergreifen können, auf den WM-Zug zu springen. Oder sie sollen sich schon empfehlen als Perspektive für kommende Turniere. Löw gibt in Oliver Sorg, Christian Günter (beide Freiburg), Antonio Rüdiger (Stuttgart), Christoph Kramer (Mönchengladbach), Maximilian Arnold (Wolfsburg), Sebastian Jung (Frankfurt) und Sebastian Rudy (Hoffenheim) noch weiteren sieben Länderspiel-Neulingen eine Chance.