Griechenland steht vor weiteren Milliardenhilfen
Brüssel (dpa) - Nach der Zustimmung der Euro-Finanzminister zum neuen Griechenland-Hilfsprogramm richten sich alle Blicke auf den Bundestag und andere nationale Parlamente.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) informierte noch am Freitagabend in einer Telefonkonferenz Fraktionsvertreter über den Verlauf der sechsstündigen Beratungen in Brüssel. Er wisse allerdings noch nicht, ob die Abstimmung im Bundestag am Dienstag oder Mittwoch angesetzt werde, sagte Schäuble.
Zusammen mit seinen Amtskollegen hatte Schäuble zuvor den Weg für das neue Griechenland-Hilfsprogramm geebnet. Die Vertreter der Euro-Staaten akzeptierten in Brüssel die zuvor von Experten ausgehandelten Bedingungen für die geplanten Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro. In einem ersten Schritt sollen bis zu 26 Milliarden Euro ausgezahlt werden.
Vorher müssen Anfang nächster Woche aber noch der Bundestag und einige andere nationale Parlamente wie zum Beispiel das in Estland zustimmen. Eine Ablehnung dort gilt als äußerst unwahrscheinlich.
Mit Spannung wird allerdings erwartet, wie viele Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU der eigenen Fraktion die Unterstützung verweigern werden. Schäuble gelang es bei den Verhandlungen in Brüssel nicht, den Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einer klaren Zusage zu bewegen, sich am Hilfspaket zu beteiligen. Dies hatte er zuvor als Ziel ausgegeben.
Deutschland drängt darauf, den IWF weiter im Boot zu halten, auch in der Hoffnung, die internationale Finanzinstitution mit ihren strengen Reformauflagen könne helfen, Veränderungen in Griechenland zu erwirken. IWF-Chefin Christine Lagarde machte am Abend allerdings erneut deutlich, dass sie eine weitere Beteiligung nur dann für möglich hält, wenn auch die europäischen Geldgeber zu weiteren Zugeständnissen bereit sind.
Ein wichtiger Punkt sind dabei Krediterleichterungen, um die Schuldenlast für Politik und Wirtschaft des Landes erträglicher zu machen. Das können längere Laufzeiten oder niedrigere Zinsen sein. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem kündigte an, die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Schuldenlast sollten erwogen werden, wenn im Oktober eine erste Bewertung der bisherigen griechischen Reformbemühungen vorliegt. Dann wird die IWF-Führung die Möglichkeit weiterer Finanzhilfen an Griechenland erwägen - mehr nicht.
Einen Erfolg konnte Schäuble hingegen bei Thema Privatisierung von griechischem Staatsvermögen verbuchen. Die Finanzminister beschlossen, dass ein Fonds, der den Verkauf von staatlichem Eigentum begleiten soll, bereits Ende des Jahres einsatzbereit sein soll. Bislang hatte es dafür keinen Termin gegeben.
Sollten der Bundestag und die anderen Parlamente Anfang der nächsten Woche wie erwartet zustimmen, könnte Griechenland am kommenden Donnerstag fällige Milliarden-Schulden mit Mitteln aus dem neuen Hilfsprogramm begleichen. Gibt es doch noch unerwartete Hindernisse, müsste ein weiterer Überbrückungskredit her.
Bei den Schulden geht es um 3,4 Milliarden Euro, die Athen für auslaufende Anleihen und Zinsen an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen muss. Sollte die Rückzahlung ausbleiben, müsste die EZB dem Land eigentlich den Geldhahn zudrehen, was den Zusammenbruch der Wirtschaft zur Folge haben könnte.
Neben den Abstimmungen in den nationalen Parlamenten wird nun auch mit Spannung erwartet, ob es in Griechenland im Herbst zu Neuwahlen kommt. Bei einer Abstimmung zu den Kreditauflagen war die Regierung des linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Freitagmorgen erneut auf Stimmen der Opposition angewiesen gewesen. Angesichts der steigenden Zahl von Abweichlern in den eigenen Reihen wolle Tsipras nach dem 20. August die Vertrauensfrage stellen, hieß es in Athener Regierungskreisen.
Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos sagte nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel: „Nach sechs Monaten sehr schwieriger Verhandlungen mit vielen Höhen und Tiefen haben wir jetzt endlich eine Einigung. (...) Ich hoffe, dass das griechische Volk in der Lage sein wird, das Beste aus diesem Deal zu machen.“