Griechische Wirtschaft soll angekurbelt werden

Athen/Washington (dpa) - Das krisengeschüttelte Griechenland richtet nach dem historischen Schuldenschnitt den Blick nach vorn. Die EU und die Regierung in Athen suchen nach Maßnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln, die in einer tiefen Rezession steckt.

Die „Task Force“ der EU für Griechenland will kommende Woche konkrete Vorschläge vorlegen. Ihr Chef Horst Reichenbach werde am Montag in Athen sein, gab die griechische Regierung am Samstag bekannt. Am Donnerstag will er dann seinen Bericht vorlegen.

Es gehe zunächst um Investitionspläne aus EU-Fonds in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro, hieß es aus Kreisen des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig aber wird damit gerechnet, dass die „Task Force“ auch weitere Kürzungen und Reformen in allen Bereichen des Staates vorschlagen wird. Mit diesen neuen Maßnahmen sollen bis 2014 weitere zehn Milliarden Euro gespart werden. Ministerin Anna Diamantopoulou hatte am Vorabend um die Übermittlung der Daten der deutschen Unternehmen gebeten, die in Griechenland investieren wollen und nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf Hindernisse gestoßen sind.

Der FDP-Chef forderte unterdessen von der griechischen Regierung mehr Engagement für wirtschaftliches Wachstum im Land. Griechenland müsse alles dafür tun, sagte Rösler am Samstag auf einem FDP-Landesparteitag im niedersächsischen Hameln. Der Schuldenschnitt sei eine wichtige Station auf dem Weg aus der Krise gewesen. „Aber die Arbeit fängt jetzt erst an.“ Denn jetzt gehe es um Wachstum in Griechenland. Bislang würden dafür jedoch noch viele Dinge fehlen. Unternehmer - etwa aus Deutschland - seien „ernüchtert, da es nicht nur an Investitionsmöglichkeiten fehle, sondern auch an klaren Signalen für die Wirtschaft. Zudem gebe es zu viel Verwaltung.

Die griechische Wirtschaft war 2011 um den Rekordwert von 6,95 Prozent eingebrochen. Reichenbachs Arbeitsgruppe solle den griechischen Behörden Wege und Methoden zeigen, Wachstum zu fördern und Arbeitslosigkeit zu verringern, hieß es. Die „Task Force“ solle erklären, wie man schneller an Geld aus milliardenschweren EU-Fördertöpfen kommt. Zudem sollen die Experten die Griechen bei der Privatisierung staatlicher Unternehmen und Ländereien beraten.

Griechenland hatte sich mit der größten Staatsumschuldung aller Zeiten Luft im Dauerkampf gegen die Pleite verschafft. Nach bangen Monaten mit langwierigen Verhandlungen gab das Finanzministerium am Freitag eine hohe Beteiligung an dem Forderungsverzicht privater Gläubiger bekannt. Um gewaltige 105 Milliarden Euro soll sich der Schuldenberg im Endeffekt verringern.

Weil Athen aber nicht ganz ohne Zwang auskommt, werden nun die schwer berechenbaren Kreditausfallversicherungen fällig. Der Branchenverband ISDA hatte die Maßnahmen Athens am Freitagabend als Zahlungsausfall bewertet: Damit werden die umstrittenen Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps/CDS) ausgelöst, mit denen sich bestimmte Halter von griechischen Staatsanleihen abgesichert haben.

Die Entscheidung der in London ansässigen International Swaps and Derivatives Association (ISDA) ist von großer Bedeutung, weil die Kreditausfallversicherungen die letzte große Finanzkrise noch verstärkt hatten, denn mit diesen CDS-Titeln wird auch gezielt spekuliert. Im Fall Griechenland haben Experten jedoch bereits weitgehend Entwarnung geben: Schätzungen zufolge geht es bei diesem Markt um ein Bruttovolumen von rund 70 Milliarden US-Dollar. Da aber viele Investoren zugleich Käufer und Verkäufer von CDS sind, blieben unterm Strich bloß etwas mehr als 3 Milliarden US-Dollar.

Der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos hatte den Schuldenschnitt am Freitagabend als historischen Moment für Griechenland bezeichnet. Die Bemühungen der Griechen dürften nun aber nicht nachlassen, sagte Papademos in einer Fernsehansprache. Den Griechen stünden noch schwierige Zeiten bevor. Es gebe nun aber Hoffnung, aus dieser schlimmsten Krise der Nachkriegszeit herauszukommen.

Die Euro-Finanzminister hatten noch am Freitag einen Teil des neuen 130-Milliarden-Hilfspakets freigegeben. Bei einer Telefonkonferenz einigten sich die Kassenhüter darauf, dass 30 Milliarden Euro zur Unterstützung des Schuldenschnitts plus 5,5 Milliarden Euro für die Begleichung aufgelaufener Zinsen nun bereit stehen. Endgültig wollen die Finanzminister das zweite Hilfspaket am Montag freigeben.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) soll sich nach dem Willen seiner Chefin Christine Lagarde mit rund 28 Milliarden Euro an dem neuen Hilfspaket beteiligen. Diesen Betrag werde sie dem Exekutivrat vorschlagen, sagte die Geschäftsführende Direktorin am Freitag in Washington. Der IWF-Anteil solle „Griechenlands ehrgeiziges ökonomisches Programm über die nächsten vier Jahre unterstützen“.