Grüne vor Neuaufstellung: Koalition mit CDU unwahrscheinlich
Berlin (dpa) - Mitten im Ringen um ihre personelle Neuaufstellung bemühen sich die Grünen verstärkt, schwarz-grüne Gedankenspiele abzuwehren.
Mehr Klarheit darüber, wer künftig Partei und Fraktion führt, wird von einem Treffen der Landes- und Bundesspitzen an diesem Freitag und von einem kleinen Parteitag am Tag darauf erwartet. Der Bewerber für die Nachfolge von Fraktionschef Jürgen Trittin, der Verkehrspolitiker Anton Hofreiter, zeigte sich grundsätzlich zwar aufgeschlossen gegenüber Gesprächen mit der Union - ein Bündnis mit CSU-Chef Horst Seehofer sei aber kaum vorstellbar.
„Wenn eine anständige Einladung kommt, dann reden wir mit allen demokratischen Parteien“, sagte Hofreiter am Mittwoch dem Sender N24. Zugleich griff er Seehofer an, weil dieser Gespräche ablehnt mit den Spitzenleuten der Grünen, die im Wahlkampf eine Rolle gespielt hatten. Hofreiter: „Da sehe ich nicht, wie man mit so jemandem regieren können sollte.“ Für den Fall einer Einladung der Union zu Gesprächen hatten die Grünen angekündigt, dass für ihre Seite die Spitzenkandidaten des Wahlkampfs, Trittin und Katrin Göring-Eckardt, sowie die Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir teilnehmen würden.
Auch Göring-Eckardt, die Renate Künast an der Fraktionsspitze folgen will, hält Schwarz-Grün für nicht erfolgversprechend. Vor allem die Themen Energiepolitik und Modernisierung der Gesellschaft böten wenig Raum für gemeinsame Ansätze, sagte sie in der ARD.
Die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae hält sich eine Kandidatur gegen Göring-Eckardt offen. „Ich will, dass wir in den nächsten Jahren starke grüne Politik im Bundestag machen und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen“, sagte sie „Handelsblatt Online“. Die ehemalige Saar-Umweltministerin Simone Peter, als Nachfolgerin von Parteichefin Claudia Roth im Gespräch, hat sich noch nicht erklärt. Dies wird in der Partei für die nächsten Tage erwartet. Auch Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke ist für den Posten im Gespräch.
Die neue Fraktionsspitze wird am 8. Oktober gewählt. Für die Neuwahl der Parteiführung gilt ein Parteitag im November als wahrscheinlich. In der Partei gibt es aber Forderungen, die Basis früher zu Wort kommen zu lassen.
Mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann setzte ein weiterer führender Realo die Versuche dieses Flügels fort, die Grünen nach dem Wahldebakel mehr in der Mitte zu positionieren. „Wir haben den fatalen Fehler gemacht, uns politisch zwischen SPD und Linken zu platzieren“, sagte er der „Zeit“. „Aber da ist gar kein Platz, da passen wir nicht hin.“ Eine schwarz-grüne Koalition hält Kretschmann beim gegenwärtigen Zustand seiner Partei für wenig wahrscheinlich. Eine entschiedene Absage erteilte er Überlegungen, nach zwei Jahren großer Koalition ein rot-rot-grünes Bündnis einzugehen. „Das liegt mir so fern wie der Mond.“
Die NRW-Grünen geben einem schwarz-grünen Bündnis im Bund keine Chance. „Wir haben zwar die Wahl verloren, aber nicht unsere inhaltlichen Überzeugungen“, sagte Landeschef Sven Lehmann der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Der Finanzpolitiker Gerhard Schick sagte dem „Mannheimer Morgen“ (Mittwoch): „Für Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün gibt es jetzt zwar rechnerische Mehrheiten, aber keine realistische Perspektive.“ Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) sagte im Sender WDR 5, Schwarz-Grün sei eine gute Idee, aber nicht für diese Legislaturperiode.