Hintergrund Handelskonflikt: Zölle sind nur ein Teil der Geschichte

Berlin (dpa) - US-Präsident Donald Trump will mit hohen Importzöllen auf chinesische und europäische Waren die heimische Wirtschaft stärken. Der EU und China wirft er vor, ihre Märkte gegen US-Produkte abzuschotten.

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Die jeweiligen Außenzölle sind aber ein weites Feld. Volkswirtschaften legen unterschiedliche Zollsätze für mehrere Tausend Produkte fest. Erschwerend für einen Vergleich kommt hinzu,
dass manche Zölle nicht in Prozent des Importwerts erhoben werden,
sondern als konstante Abgabe pro Stück oder Tonne.

Daten der Welthandelsorganisation WTO belegen, dass Einfuhrzölle der USA in der Vergangenheit teils deutlich unter denen der Konkurrenten lagen. Bezogen auf den Durchschnitt aller Zölle weist die Statistik für 2016 für China einen Wert von 9,9 Prozent aus, für die EU 5,1 Prozent. Für die USA sind es dagegen nur 3,4 Prozent.

In der WTO-Zolldatenbank finden sich aber auch Beispiele für starke Diskrepanzen. So wurden 2017 in China auf die Einfuhr von Motorrädern mit einem Hubraum bis 250 Kubik 45 Prozent Zoll draufgeschlagen, in der EU 8 Prozent - in den USA wurde gar kein Zoll fällig. Für Pkw jeglichen Hubraums verzeichnet die Datenbank in China 25 Prozent Einfuhrzoll, in der EU 10 Prozent, in den USA 2,5 Prozent (2017).

Anders sah es bei großen Lastwagen aus: 25 Prozent erhoben die USA auf importierte Lkw mit mehr als 20 Tonnen. In China waren es 15, in der EU 15,8 Prozent. Bei Kleinlastern unter 5 Tonnen lagen USA und China gleichauf bei 25 Prozent Zoll, in der EU waren es 13,5 Prozent. Das ifo-Institut führt weitere Spitzen auf, die EU-Exporteuren in den USA wehtun“: Bei Milchprodukten seien im Schnitt 20 Prozent fällig, bei Handtaschen 8, bei Babynahrung 23, Schokolade 9.

Diese Werte sagen aber nichts über tatsächliche Zollbelastungen sowie andere Barrieren und Ungleichgewichte. Neben dem Warenaustausch müssen auch Geldströme betrachtet werden - etwa aus Dienstleistungen im Finanz-, IT-Sektor und Tourismussektor. Auch Erträge aus Investments müssen einbezogen werden, ebenso Geldüberweisungen ausländischer Arbeiter in die Heimat. Daraus ergibt sich eine Leistungsbilanz zwischen Wirtschaftsblöcken.

Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet unter Berufung auf US-Zahlen vor, dass die USA 2017 gegenüber der EU sogar einen Überschuss von 14,2 Milliarden Dollar erwirtschaftet haben. „Die Europäer exportieren mehr Waren, dafür investieren amerikanische Firmen in der EU mehr und ziehen daraus einen beachtlichen finanziellen Nutzen“, heißt es in einem Bericht vom Mai. Internet-Riesen wie Amazon, Apple und Co. erwirtschaften in Europa Milliarden-Gewinne und überweisen sie an die Mutterkonzerne.

Das ifo-Institut verwies im Mai ebenfalls auf jenen Überschuss in der Leistungsbilanz der USA gegenüber der EU von ungefähr 14 Milliarden US-Dollar. So hätten die USA 2017 zwar ein Defizit im Güterhandel, im Handel mit Dienstleistungen und anderen Transfers aber ein Plus.

Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo-Instituts, führte das in einem Beitrag für die Online-Zeitung „EUobserver“ darauf zurück, „dass die US-Wirtschaft stärker auf digitale Geschäftsmodelle und immaterielle Vermögenswerte ausgerichtet ist“. Viele US-Unternehmen hielten beispielsweise Patent- und Markenrechte in EU-Ländern mit attraktiven Steuergesetzen. „Insgesamt ist die Vorstellung, dass die USA weniger vom Marktzugang zur EU profitieren als umgekehrt, ein Märchen“, schrieb Fuest. „Deshalb irrt Trump, wenn er glaubt, die EU mit den Vorteilen des US-Marktzugangs erpressen zu können.“