Hintergrund: Auch Bayern hat lange Zeit Geld bekommen
Berlin (dpa) - Die Geschichte des Länderfinanzausgleichs seit 1950 spiegelt im Grunde die zu- oder abnehmende Finanzkraft der einzelnen Bundesländer. Besonders deutlich lässt sich das am Beispiel Bayerns und Nordrhein-Westfalens nachzeichnen.
Der Wandel Bayerns vom reinen Agrar- zum Agrar- und Technologieland läuft fast parallel zur Entwicklung vom Nehmer- zum Geberland im Länderfinanzausgleich. Von 1950 bis 1987 bekommt der Freistaat durchweg Geld aus dem Ausgleichstopf - insgesamt 3,39 Milliarden Euro.
Die höchsten Summen belaufen sich nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums 1977 auf 204,2 Millionen Euro und 1980 auf 205,8 Millionen Euro. Bis 1986 nimmt die zugeteilte Summe dann rapide ab. 1987 und 1988 ist die Bilanz ausgeglichen. 1989 taucht das Land erstmals - und von da an immer - als Geberland auf. Den Höchstbetrag überweist München im vergangenen Jahr mit knapp 3,7 Milliarden Euro.
Wesentlich unregelmäßiger verläuft die Kurve Nordrhein-Westfalens. Der einstige Industriestandort zahlt von 1952 bis in die zweite Hälfte der 1970er Jahre mit die höchsten Beiträge in den Finanzausgleich. Höchststand ist bereits 1961 mit 384,8 Millionen Euro - für damalige Zeiten eine immense Summe. Anfang der 1980er Jahre hat das Land eine ausgeglichene Bilanz, 1985 taucht es erstmals als Empfängerland auf.
Danach wechselt NRW hin und her zwischen Empfänger- und Geberland. Von 1995 bis 2002 zahlt Düsseldorf mit einjähriger Unterbrechung im Jahr 2001 regelmäßig deutlich über eine Milliarde Euro in den Ausgleichstopf. Von 2003 gehen diese Zahlungen erheblich zurück. 2010 und 2011 findet sich das Land wieder unter den Nehmerländern. Angesichts dieser Geberbilanz ist es nicht verwunderlich, dass die Kritik an der Absicht Bayerns, gegen den Finanzausgleich zu klagen, vor allem auch aus Nordrhein-Westfalen kommt.
Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das mit Fug und Recht behaupten kann, beim Länderfinanzausgleich seit 1950 immer draufgezahlt zu haben. Auch Hessen musste - bis auf einige wenige Male in 1950er Jahren - immer in den Länderfinanzausgleich einzahlen. In den besagten vier Jahren von 1952 bis 1954 und 1956 musste Hessen weder einzahlen, noch bekam das Land etwas aus dem Topf.
2011 zahlten beide Länder jeweils etwa 1,8 Milliarden Euro. Insgesamt sind 2010 rund sieben Milliarden Euro an Ausgleichszahlungen geflossen. 2011 waren es 7,3 Milliarden Euro.
Hamburg gehört mit seinem Hafen über weite Strecken zu den Geberländern. Ausnahmen waren die Jahre 1988 und 1992 bis 1994. Der zweite Stadtstaat, Bremen, gehörte in den ersten 20 Jahren des Länderfinanzausgleichs zu den Gebern, seit 1970 bekommt es jährlich Zuwendungen aus dem Ausgleichstopf. Zu den ständigen Nehmerländern zählen Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein (Ausnahmen 1995 und 1997) und seit 1961 auch das Saarland, das allerdings erst 1959 ganz der Bundesrepublik beigetreten war.
Die drei Hauptgeberländer der vergangenen Jahrzehnte, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, drohten wiederholt, gemeinsam den Klageweg gegen den Länderfinanzausgleich zu beschreiten. Mit der Wahl der grün-roten Regierung in Stuttgart zeigte sich das bis dahin unionsregierte Südschienen-Trio aber nicht mehr ganz so einheitlich. Hessen will im Gegensatz zu Bayern wohl vorerst nicht klagen. Und Baden-Württemberg setzt im Gegensatz zu beiden lieber auf eine Verhandlungslösung.
Eine weitere Transferleistung ist der Solidarpakt II. Nach dieser gesetzlichen Vereinbarung zahlt der Bund den neuen Ländern in den Jahren 2005 bis 2019 für den Aufbau Ost 156,5 Milliarden Euro. Das Auslaufen des Solidarpakts II in gut acht Jahren soll eigentlich genutzt werden, um die gesamten Transferleistungen neu zu ordnen. Nun könnte eine Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich diese Zeitvorstellungen infrage stellen.