Hintergrund: Die Diplomatie-Akteure im Nahost-Konflikt
Istanbul/Kairo (dpa) - Vor dem Arabischen Frühling haben die Araber in der Regel nur mit scharfen Worten auf Gewalt in Nahost reagiert. Jetzt stehen die Machthaber der Region unter Druck - und wollen sich vor ihren Völkern als pro-palästinensische Akteure beweisen.
Auch die Türkei zieht mit.
- ÄGYPTEN: Das von den Islamisten regierte Land nimmt im aktuellen Gaza-Konflikt eine zentrale Rolle ein. Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über einen Waffenstillstand finden indirekt in Kairo statt. Präsident Mohammed Mursi telefoniert mit US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel, die die „wichtige Vermittlerrolle“ Ägyptens loben und Mursi zur Einflussnahme auf die Palästinenser drängen. Die ägyptische Bevölkerung erwartet eine klare anti-israelische Haltung. An einer weiteren Eskalation hat die Regierung aber kein Interesse - kämpft sie doch selbst gegen Dschihadisten an der ägyptisch-israelischen Grenze.
- TÜRKEI: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan präsentiert seine Solidarität mit dem Gazastreifen wie eine Herzensangelegenheit. Mehrfach hat er das Gewicht der Regionalmacht Türkei für die Sache der Palästinenser in die Waagschale geworfen. Den Umgang Israels mit den Palästinensern bezeichnete er als schweres Unrecht. In der arabischen Welt wurde Erdogan für diese scharfe Kritik gefeiert. Als Vermittler und Versöhner scheidet die Türkei damit aber aus.
- ARABISCHE LIGA: Im Syrienkonflikt hat die Arabische Liga bislang komplett versagt. Und auch schon während des Arabischen Frühlings spielte das Gremium wegen seiner Zerstrittenheit kaum eine Rolle. In Libyen gab die Liga die Verantwortung fast gänzlich ab, indem sie einer Flugverbotszone und damit letztlich auch einem Militäreinsatz der Nato zustimmte. An der Lösung des Gaza-Konflikts will sie nun aber als Akteur beteiligt sein. Nach Ägypten und Tunesien schickt auch sie eine eigene Delegation zum Solidaritätsbesuch nach Gaza.
- KATAR: Als erstes Staatsoberhaupt seit der Machtergreifung der Hamas vor fünf Jahren hat vor wenigen Wochen der Emir von Katar den Gazastreifen besucht. Bislang hat der ölreiche Kleinstaat dort vor allem humanitäre und finanzielle Hilfe geleistet. Nun bemüht sich das Emirat an vorderster Front neben Ägypten um einen Waffenstillstand zwischen Hamas und Israel. Beobachtern zufolge will es so auch den Einfluss des Erzfeindes und Hamas-Verbündeten Iran schmälern.
- LIBANON: Wenn die Delegation der Arabischen Liga am Dienstag nach Gaza reist, ist auch der libanesische Außenminister dabei. Sein Land hat derzeit den Vorsitz inne. Der Nahost-Konflikt ist für die Libanesen eine willkommene Ablenkung von den Problemen im eigenen Land. Denn in seiner Ablehnung gegenüber Israel ist sich der in der Syrienfrage völlig gespaltene Libanon einig.