Hintergrund: Die Kandidaten im Postenpoker

Brüssel (dpa) - Wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel treffen, geht es um ein Paket von Personalentscheidungen. So muss ein neuer EU-Ratschef gefunden werden, ein neuer EU-Außenbeauftragter und ein hauptamtlicher Chef der Euro-Finanzminister.

Hintergrund: Die Kandidaten im Postenpoker
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Nach ungeschriebenen Brüsseler Gesetzen soll es dabei einen Ausgleich geben zwischen Konservativen und Sozialisten, zwischen Nord und Süd, zwischen Männern und Frauen, zwischen der Eurozone und dem Europa der 28.

KANDIDATEN FÜR DAS AMT DES/DER AUSSENBEAUFTRAGEN:

FEDERICA MOGHERINI (41), Italien. Die derzeitige italienische Außenministerin gilt als Favoritin im Rennen. Allerdings ist die linke Politikerin erst seit Februar im Amt und gilt als unerfahren. 2008 zog die Politikwissenschaftlerin für die Mitte-Links-Partei PD (Demokratische Partei) in die italienische Abgeordnetenkammer ein.

KRISTALINA GEORGIEWA (60), Bulgarien. Die Konservative war bislang EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz. Sie gilt als außenpolitisch erfahren. Die Wirtschaftsexpertin hatte zuvor viele Jahre bei der Weltbank gearbeitet, etwa als Vize-Präsidentin.

RADOSLAW SIKORSKI (51), Polen. Der polnische Außenminister gehört dem Mitte-Rechts-Spektrum an und machte in seinem Land schnelle politische Karriere. Von 2005 bis 2007 war der ehemalige Journalist und Kriegsreporter polnischer Verteidigungsminister, seitdem Außenminister. Zuletzt wurde Sikorski von einer Abhöraffäre belastet.

MIROSLAV LAJCAK (51), Slowakei. Der parteilose Politiker und Jurist ist ein erfahrener Karrierediplomat und seit 2012 schon zum zweiten Mal slowakischer Außenminister. Internationale Anerkennung erwarb er als Botschafter und EU-Sondergesandter für Bosnien und Herzegowina.

CARL BILDT (65), Schweden. Der schwedische Außenminister ist seit 2006 im Amt. Der konservative Bildt ist ein Hochkaräter in der internationalen Politik. So war er von 1995 bis 1997 als Hoher Repräsentant in Bosnien aktiv und 1999 bis 2001 UN-Beauftragter für das Kosovo. In Schweden war er von 1991 bis 1994 Ministerpräsident.

KANDIDATEN FÜR DAS AMT DES EU-RATSPRÄSIDENTEN:

HELLE THORNING-SCHMIDT (47), Dänemark. Die Sozialdemokratin und dänische Regierungschefin gilt als Favoritin für den EU-Posten. Seit 2011 steht sie an der Spitze ihres Landes - und zwar als erste Frau. Die Politikwissenschaftlerin war von 1999 bis 2005 Abgeordnete des EU-Parlaments und danach Abgeordnete im dänischen Parlament.

DALIA GRYBAUSKAITE (58), Litauen. Die litauische Präsidentin steht seit 2009 als erste Frau an der Spitze der baltischen Ex-Sowjetrepublik. Als frühere EU-Finanz- und Haushaltskommissarin (2004 bis 2009) kennt sie den Brüsseler Politikbetrieb von innen. Die studierte Volkswirtin ist parteilos.

ENDA KENNY (63), Irland. Der gelernte Lehrer ist seit 2011 irischer Ministerpräsident und saß zuvor 35 Jahre lang im irischen Parlament. Das „Urgestein“ der Politik führt seit 2002 die irische Volkspartei Fine Gael. Der konservative Kenny gilt als europafreundlich und wirbt dafür, Großbritannien in der Europäischen Union zu halten.

ENRICO LETTA (47), Italien. Der ehemalige italienische Ministerpräsident führte Italien nur zehn Monate lang, bis vergangenen Februar. Der Sozialdemokrat gehörte von 2004 bis 2006 dem Europaparlament an. Ende der 90er Jahre war Letta bereits kurze Zeit Europa- und dann Industrieminister.

ANDRUS ANSIP (57), Estland. Ansip war von 2005 bis 2014 Ministerpräsident der Republik Estland und trat im März von dem Amt zurück. Der studierte Chemiker und Landwirt hatte zunächst als Bankmanager gearbeitet, bevor er in die Politik ging. 2004 wurde Ansip Vorsitzender der wirtschaftsliberalen Estnischen Reformpartei.

FREDRIK REINFELDT (48), Schweden. Der schwedische Regierungschef steht seit 2006 an der Spitze seines Staates. Der studierte Volkswirt und Ex-Basketballer ist seit 2003 Vorsitzender der Konservativen.

KANDIDAT FÜR DEN EUROGRUPPENCHEF

LUIS DE GUINDOS (54), Spanien. Der konservative Ökonom ist derzeit spanischer Wirtschaftsminister. Er könnte Nachfolger des Niederländes Jeroen Dijsselbloem werden, der noch bis Mitte nächsten Jahres die exklusive Eurogruppe führt. De Guindos ist als früherer Investmentbanker ein Experte in Banken- und Finanzfragen.