Hintergrund: Die Spannungen zwischen Berlin und Washington
Berlin (dpa) - US-Präsident Barack Obama kommt nach Berlin. Die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA gelten als eng und gut. Dennoch ist der Besuch nicht frei von Spannungen. Beispiele:
SYRIEN: Die USA sind seit Freitag davon überzeugt, dass das syrische Regime von Machthaber Baschar al-Assad Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzt. Die Opposition im Land soll deshalb militärische Unterstützung bekommen. Deutschland lehnt die Lieferung von Waffen in das Bürgerkriegsland strikt ab - auch im Unterschied zu EU-Partnern wie Frankreich und Großbritannien. Eigene Erkenntnisse über einen Giftgas-Einsatz hat Berlin nach offiziellen Angaben nicht.
DROHNEN-KRIEG: Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 führen die USA ihren Kampf gegen Terroristen in Ländern wie Afghanistan, Pakistan und Somalia mit Hilfe von Kampfdrohnen. Völkerrechtler sprechen von einem Verstoß gegen internationales Recht. Gezielte Tötungen außerhalb eines bewaffneten Konflikts seien Hinrichtungen ohne Gerichtsprozess. Häufig wurden auch Zivilisten getötet. Solche Tötungen per Knopfdruck aus der Distanz steuern die USA womöglich auch von Deutschland aus. Washington dementierte Ende Mai Medienberichte nicht, wonach das Afrika-Kommando der US-Streitkräfte in Stuttgart und der US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein (Rheinland-Pfalz) an Einsätzen in Somalia beteiligt gewesen sein soll. Die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben nichts davon.
PRISM: Neuester Aufreger ist das Geheimprogramm „PRISM“, das dem US-Nachrichtendienst angeblich weitreichenden Zugriff auf die Daten von Nutzern großer Internetdienste wie Google und Facebook erlaubt. Die Bundesregierung hat angekündigt, die Ausspäh-Aktion während des Obama-Besuchs zur Sprache zu bringen. Mit großer Wahrscheinlichkeit lasen die amerikanischen Geheimdienstler auch E-Mails von Bundesbürgern mit. Die Bundesregierung, der Verfassungsschutz oder andere Dienste waren nach offizieller Auskunft aber nicht beteiligt.
FREIHANDELSZONE: Im Prinzip ist man sich einig: Aus den USA und der Europäischen Union soll die größte Freihandelszone der Welt entstehen. Heute schon stehen beide für 800 Millionen Einwohner, 30 Prozent des Welthandels und 47 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Die Verhandlungen sollen noch in diesem Sommer beginnen. Sie dürften kompliziert werden. Zuletzt hatte Frankreich noch durchgesetzt, dass Film, Musik und andere Medien aus dem Verhandlungsmandat für die EU-Kommission ausgeschlossen werden.
GUANTÁNAMO: Das Versprechen zu Beginn seiner Amtsübernahme 2009, das weltweit kritisierte Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba zu schließen, hat Obama in seiner ersten Amtsperiode nicht gehalten. Und noch immer sitzen dort 166 Terrorverdächtige ein, die meisten ohne Gerichtsverfahren. Jüngst bekräftigte Obama sein Versprechen. Er forderte den Kongress auf, Hindernisse zum Transfer von Gefangenen in andere Länder zu lockern. Die Bundesregierung mahnt, der Entschluss liege nicht nur im Interesse der Glaubwürdigkeit der USA als führender Demokratie, sondern auch in dem der transatlantisch- freiheitlichen Wertegemeinschaft. Dass Guantánamo immer noch besteht, hat viele Menschen auch in Deutschland enttäuscht.
TODESSTRAFE: Die USA gehören immer noch zu den Ländern, in denen es Hinrichtungen gibt. Laut offizieller Jahresstatistik von Amnesty International wurden dort im vorigen Jahr 43 verurteilte Mörder vom Staat getötet. Die Bundesregierung ist gegen die Todesstrafe.
DER FALL SÖRING: Der 46-Jährige Deutsche verbüßt in den USA eine zweimal lebenslange Haftstrafe wegen Doppelmordes. Er beteuert seine Unschuld. Nach deutschem Rechtsverständnis hat Söring, der seit 27 Jahren im Gefängnis sitzt, unabhängig von der Schuldfrage seine Strafe verbüßt und müsste freikommen. Diplomatische Bemühungen waren bislang erfolglos.