Hintergrund: Libyen als Investor
Berlin (dpa) - Die libysche Wirtschaft steht vor allem für die Öl- und Gasproduktion. Der von Unruhen erschütterte Wüstenstaat ist aber weltweit auch als Investor aktiv - vor allem in Italien.
So dürfte die dramatische Zuspitzung im Land des umstrittenen Machthabers Muammar al-Gaddafi auch in so mancher Konzernzentrale Besorgnis ausgelöst haben. Nachfolgend einige Beispiele namhafter Beteiligungen Libyens:
- ITALIEN: Über die staatliche Investmentgesellschaft Libyan Investment Authority (LIA) und die Central Bank of Libya ist Tripolis mit insgesamt 7,5 Prozent der größte ausländische Aktionär der Mailänder Großbank UniCredit. Die Unruhen drücken auf den Kurs, auch wenn UniCredit nicht direkt Geschäfte mit Libyen macht. Bei der Mailänder Börseneröffnung am Mittwoch erholte sich die Aktie von UniCredit zwar zunächst etwas (plus 1,69 Prozent). Angesichts der libyschen Beteiligung kann sich UniCredit aber nicht auf der sicheren Seite fühlen, einem politisch unstabilen Partnerland gegenüber.
Es stellt sich auch die Frage, wie die libyschen Stimmrechte bewertet werden. Denkbar ist, dass sie auf 5 Prozent eingefroren werden. „Was diese Beteiligung der libyschen Aktionäre von UniCredit angeht, so haben sich in den vergangenen Monaten positive Kontakte ergeben, ausgerichtet darauf, die entstandene Lage zu klären“, so hatte sich Aufsichtsratschef Dieter Rampl am Dienstag noch nicht abschließend dazu geäußert.
Im vergangenen Jahr hatte die LIA ihren Anteil auf 2,59 Prozent des Kapitals erhöht. Dazu kommen die 4,98 Prozent der libyschen Zentralbank. Die Gesamthöhe der libyschen Beteiligung hatte im September 2010 die italienische Zentralbank veranlasst, Aufklärung zu verlangen.
- ITALIEN: Im Januar 2011 wurde bekannt, dass die staatliche Investmentgesellschaft mit 2,01 Prozent bei dem Luftfahrt- und Rüstungskonzern Finmeccanica eingestiegen ist.
- ITALIEN: Mit einem Anteil von 7,5 Prozent (Stand: 30. Juni 2010) ist Libyen auch am Fußballklub Juventus Turin beteiligt. Das Engagement führte vor einigen Jahren sogar dazu, dass der italienische Supercup in der Hauptstadt Tripolis stattfand.
- GROSSBRITANNIEN: Für 224 Millionen Pfund hat Gaddafi im vergangenen Jahr über seinen Staatsfonds LIA 3,0 Prozent am Medienunternehmen Pearson („Financial Times“) gekauft. Seine 0,02 Prozent an der zum Großteil im Staatsbesitz befindlichen Royal Bank of Scotland habe er inzwischen wieder verkauft, sagte Tim Niblock vom Institut für arabische und islamische Studien an der Universität Exeter dem „Guardian“.
Niblock geht von 61,8 Milliarden Pfund aus, die Libyan Investment investiert habe. Dazu komme noch das Privatvermögen der Familie Gaddafi. Der Sohn des Revolutionsführers hat unter anderem im Londoner Nobel-Stadtteil Hampstead ein Zehn-Millionen-Pfund-Anwesen gekauft.