Hintergrund: Sechs Klagen in Karlsruhe eingegangen

Karlsruhe (dpa) - Am Freitag hatten Bundestag und Bundesrat die Zustimmungsgesetze zum europäischen Fiskalpakt und zum Euro-Rettungsschirm ESM verabschiedet. Beim Bundesverfassungsgericht sind bis Samstagmittag nach Angaben des Gerichts sechs Klagen gegen die Vorhaben eingegangen.

Ein Überblick:

1) Die Fraktion der Linken im Bundestag klagt zweigleisig: Zum einen im Organstreitverfahren wegen Verletzung ihrer Rechte als Fraktion; zum anderen haben die 75 Abgeordneten eine gemeinsame Verfassungsbeschwerde eingereicht. Wie die meisten Kläger haben auch die Linken einen Eilantrag gestellt: Sie beantragen, dass das Gericht dem Bundespräsidenten mit einer einstweiligen Anordnung untersagt, die Zustimmungsgesetze zu unterzeichnen und auszufertigen, bis die Richter in der Hauptsache über die Klagen entschieden haben. Damit könnte die Ratifizierung von ESM und Fiskalpakt zunächst nicht wirksam werden.

2) Der Verein „Mehr Demokratie“ hat eine Verfassungsbeschwerde - verbunden mit einem Eilantrag - eingereicht, der sich nach Angaben der Organisatoren rund 12 000 Bürger angeschlossen haben. Diese Klage wird von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und dem Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart vertreten.

3) Der CSU-Politiker Peter Gauweiler hat zwei Klagen eingereicht, die von dem Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek vertreten werden: Zum einen klagt er im Organstreitverfahren wegen Verletzung seiner Rechte als Bundestagsabgeordneter; zum anderen als Bürger im Wege der Verfassungsbeschwerde. Auch er hat einen Eilantrag gestellt.

4) Eine Gruppe von Klägern um den emeritierten Nürnberger Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider hat eine Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag gestellt. Schachtschneider ist in Karlsruhe kein Unbekannter: Er hatte unter anderem bereits 1998 gegen die Einführung des Euro geklagt.

5) Darüber hinaus liegen in Karlsruhe zwei Verfassungsbeschwerden von nicht namentlich genannten Bürgern vor.

6) Die Bundesregierung hat bereits vor Verabschiedung der Zustimmungsgesetze in Karlsruhe eine sogenannte Schutzschrift eingereicht, in der sie ihre Argumente für die Zulässigkeit der Rettungsmaßnahmen aufführt. Schutzschriften sind allgemein in Gerichtsverfahren üblich, wenn die Einreichung von Eilanträgen erwartet wird. Damit soll verhindert werden, dass ein Gericht im Eilverfahren entscheidet, ohne die Argumente der anderen Seite zu berücksichtigen.