Hintergrund: Streitthemen Euro, Energie und Bildung
Berlin (dpa) - Die FDP will auf dem Parteitag in Rostock ihre inhaltliche Position bei den wichtigen Themen Euro-Rettung, Energiewende und Bildungspolitik neu festlegen.
EUROPA: Beim neuen Euro-Rettungsschirm (ESM), der Mitte 2013 kommt, dürfte es auf dem Parteitag viel Zündstoff geben. Eine Gruppe um den Finanzpolitiker Frank Schäffler vertritt die Radikalposition, dass Deutschland bei künftigen Hilfspakten für angeschlagene Schuldenländer gar nicht mehr mitmacht. Eine Mehrheit dafür gibt es in der Partei aber nicht. Um den Kritikern entgegenzukommen, verlangt auch die FDP-Führung härtere Vorgaben. Es dürfe keine Blankoschecks geben: „Wir Liberale lehnen eine Haftungsunion ab.“
Beim ESM soll es Hilfen nur „im äußersten Notfall“ geben, die einstimmig vergeben werden müssen. Der Bundestag soll bei Hilfen das letzte Wort haben: „Ein strikter Parlamentsvorbehalt ist bei jeder Aktivierung des ESM sicherzustellen.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aber hält es bisher für ausreichend, wenn der Haushaltsausschuss des Bundestages dabei eingebunden wird.
BILDUNG: Umstritten in der FDP ist auch der künftige Kurs in der Bildungspolitik. Führende FDP-Politiker - darunter auch die Granden Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel - wollen durchsetzen, dass das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz gestrichen wird, „um begrenzte und übergreifende Vorhaben im Schulterschuss zwischen Bund und Ländern vorantreiben zu können“.
Seit 2006 ist es verboten, dass der Bund in der Bildung den allein zuständigen Ländern mit gezielten Finanzspritzen für Sonderprojekte hilft. Die FDP sieht Handlungsbedarf, weil die Länder wegen der neuen Sparvorgaben in der Verfassung massiv sparen müssen - die Schuldenbremse dürfe keine „Bildungsbremse“ werden.
Als Alternative zur Projektfinanzierung wird im Leitantrag vorgeschlagen, dass der Bund den Ländern pauschal Geld für die Bildung überweist. Für die Anhänger dieser Idee „ist es ein ordnungspolitischer Irrweg, noch mehr Mischzuständigkeiten und Mischfinanzierungen zu schaffen.“
ENERGIE: Bei der Energiewende mit dem Atomausstieg wollen die Liberalen die Stimme der Vernunft sein. Ja zum beschleunigten AKW-Abschied, aber mit Augenmaß: „Wir stehen für eine Energieversorgung, die jenseits von Wunschdenken sicher zuverlässig, bezahlbar und umweltverträglich ist.“
Auf dem Parteitag stehen für die konkrete Umsetzung des Atomausstiegs zwei Szenarien zur Diskussion. Eine Alternative ist, dass der Ausstieg im bewährten System von Reststrommengen für die Stromkonzerne erfolgt. Eine Übertragung von Restlaufzeiten der älteren Atommeiler, die nach dem Moratorium dauerhaft stillgelegt werden, auf die moderneren AKW soll aber ausgeschlossen sein. Als zweite Alternative wird den Delegierten angeboten, dass feste Abschalttermine für einzelne Kraftwerke genannt werden.
Bei der in der Koalition heftig umstrittenen Atommüll-Frage wird als mögliche Option unter anderem zur Diskussion gestellt, den Standort Gorleben in Niedersachsen „zu Ende zu erkunden“ - und Bundesländer mit geeigneten geologischen Voraussetzungen sollen mögliche Standorte vorschlagen. Die CDU-Spitze hat in ihrem gerade beschlossenen Energiekonzept klare Aussagen zu Gorleben vermieden.