Hintergrund: Verzicht auf Euro ist nicht einfach

Brüssel (dpa) - Wer Mitglied der Eurozone werden will, kann im Lissabon-Vertrag genau nachlesen, wie das geht. Der Vertrag regelt ausführlich die Aufnahmeprozeduren. Das „Grundgesetz“ der Europäischen Union legt auch die Pflichten der Staaten mit Euro-Währung fest.

Schon in Artikel 3 des Lissabon-Vertrags heißt es: „Die Union errichtet eine Wirtschafts- und Währungsunion, deren Währung der Euro ist.“ Längere Passagen im Vertrag sind auch der Arbeit der Europäischen Zentralbank und dem Funktionieren der Eurogruppe gewidmet.

In der offiziellen deutschen Fassung ist der Lissabon-Vertrag 479 Seiten lang. Aber nirgendwo steht, dass ein Land aus der Eurozone ausscheiden oder gar ausgeschlossen werden kann. Der Verzicht auf den Euro ist gar nicht so einfach.

Zwar ist die gemeinsame Währung ein erklärtes Ziel der Europäischen Union. Doch gibt es Ausnahmeregelungen für Alt-Mitglieder wie beispielsweise Großbritannien und Dänemark, die dem Euro fernbleiben dürfen. Ob eine solche Regelung auch für Griechenland getroffen und wie diese ausgehandelt werden könnte, falls Athen den Euro nicht mehr will, ist noch unklar.

„Der Vertrag sieht ohne Ausscheiden aus der Europäischen Union kein Ausscheiden aus der Eurozone vor“, bestätigt Kommissionssprecherin Karolina Kottova in Brüssel. „Griechenlands Platz ist in der Eurozone. Die Beschlüsse dafür, dass das so bleiben kann, sind gefasst.“

Niemand weiß derzeit genau, was passiert, wenn Griechenland die Sparauflagen der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds nicht länger erfüllen will. Wirtschaftlich würde das bedeuten, dass die nächste Tranche der Nothilfe nicht ausgezahlt wird. Der Staat könnte weder Rechnungen noch Gehälter bezahlen. Die Banken würden mit großer Sicherheit unter einem Ansturm der Kunden kollabieren. Vermutlich wäre dann die Frage, wie der Austritt aus dem Euro oder gar aus der Europäischen Union juristisch bewerkstelligt werden muss, von untergeordneter Bedeutung.

Der Austritt aus der EU wird in Artikel 50 des Lissabon-Vertrags geregelt. Dieser beginnt mit den Worten: „Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.“ Anschließend wird ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts ausgehandelt.

Sollte Griechenland sich für zahlungsunfähig erklären müssen, so fürchten alle Fachleute einen dramatischen Anstieg des Drucks der verunsicherten und misstrauischen Finanzmärkte auf andere „Wackelkandidaten“ der Eurozone, allen voran Italien.

Sollte Griechenland sich entschließen, zu einer Art „Neo-Drachme“ zurückzukehren, so stünde das Land voraussichtlich vor erheblichen Problemen, Kredite aufzunehmen. Es gibt aber Länder, die überhaupt nicht zur Eurozone gehören, mangels eigener Währung jedoch den Euro benutzen. Neben Andorra sind dies vor allem Bosnien-Herzegowina, Montenegro und das Kosovo. Eine solche de facto-Übernahme des Euro wäre nach Ansicht der meisten Experten für ein Land von der Größe Griechenlands jedoch keine dauerhafte Lösung.