Hintergrund: „Wirtschaftsweise“ für Schuldentilgungspakt

Berlin (dpa) - Die „Wirtschaftsweisen“ haben angesichts der anhaltenden Turbulenzen in der Euro-Zone einen gemeinsamen „Schuldentilgungspakt“ vorgeschlagen. Im Kern geht es um eine teilweise Vergemeinschaftung von Schulden.

Ziel ist es, zusammen mit verbindlichen nationalen Schuldenbremsen die Staatsverschuldung der Euro-Länder unter die maximal erlaubte Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Hier liegt Deutschland bei etwas mehr als 80 Prozent, Italien sogar bei rund 120 Prozent. Der Fonds soll auch durch Währungsreserven und Steuern abgesichert werden, die speziell für die Tilgung vorgesehen sind.

Konkret schlagen die Regierungsberater vor, Schulden, die die 60-Prozent-Grenze übersteigen, in einen gemeinsamen Tilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung auszulagern. Gleichzeitig würde für jedes Land ein Konsolidierungspfad festgelegt, bei dem die ausgelagerten Schulden eigenverantwortlich in einem Zeitraum von 20 bis 25 Jahren getilgt werden. Die bei den Ländern verbleibenden Schulden würden zusätzlich durch nationale Schuldenbremsen begrenzt.

In den nächsten Jahren würde beim Tilgungsfonds dem Gutachten zufolge ein Anleihen-Bestand von rund 2,3 Billionen Euro zusammenkommen. Auf Deutschland würde mit 25 Prozent nach Italien mit 41 Prozent der größte Anteil entfallen. Durch die gemeinschaftliche Haftung während der Tilgungsphase würden sichere Anleihen geschaffen, mit denen sich das europäische Finanzsystem stabilisieren lasse, bis die nationalen Anleihemärkte wieder ausreichend funktionsfähig sind.

Der Fonds sei nur zu vertreten, wenn die gemeinsame Haftung mit einer strikten fiskalischen Disziplin einhergehe, mahnen die „Weisen“. Dazu sei eine nationale Schuldenbremse in den Verfassungen nötig. Auch müsse es die Möglichkeit geben, die gemeinsame Haftung für Neu-Schulden zu stoppen, wenn ein Land Auflagen nicht erfüllt.

Zudem müsse sich ein Land zur Absicherung der Zahlungen gegenüber dem Fonds verpflichten, einen Aufschlag auf eine nationale Steuer (Mehrwertsteuer und/oder Einkommensteuer) zu erheben. Dessen Aufkommen solle nicht in den nationalen Haushalt fließen. Zur Begrenzung der Haftungsrisiken sollten alle Teilnehmerländer auch einen Teil ihrer Währungsreserven (Devisen- oder Goldreserven) verpfänden.

Aus Sicht der Wirtschaftsweisen könnte der Schuldentilgungspakt „durchaus einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhalten“, hieß es. Die Einrichtung eines Tilgungsfonds könne nur dann ernsthaft angegangen werden, wenn ausgeschlossen werde, dass das Sondervermögen eine permanente Einrichtung zur Refinanzierung der Euro-Länder wird.