IfW-Vize: EU-Beschlüsse nur „Feuerwehr-Aktion“
Kiel (dpa) - Die Beschlüsse des Euro-Krisengipfels sind nach Einschätzung eines Experten nicht mehr als eine „Feuerwehr-Aktion“ mit begrenzter Reichweite.
„Das Feuer ist zwar gelöscht, aber die Schwelbrände existieren wie unter einer Torfschicht weiter“, sagte des Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Prof. Rolf Langhammer, am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Das Kernproblem, wie Griechenland wieder eine Perspektive für eine wachsende Wirtschaft bekomme, bleibe auch nach dem Gipfel offen. Ebenso wie die Frage, wie kriselnde Euro-Länder aus ihren Schulden herauswachsen können. „In Brüssel ist für Griechenland Zeit gekauft worden, damit das Land sich selbst retten kann.“ Aber der Vorschlag des IfW, dass eine internationale Schuldenkommission das künftige finanzpolitische Handeln der griechischen Regierung mit Vetorecht kontrollieren solle, sei nicht aufgegriffen worden.
Den freiwilligen Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland beurteilte Langhammer skeptisch. Es sei fraglich, wie viele Privatanleger, die in Brüssel nicht mitverhandeln konnten, diesen Schuldenschnitt überhaupt akzeptierten oder stattdessen Rechtstitel anstrebten. Nach Ansicht des Experten wäre ein radikal erzwungener Schuldenschnitt (Insolvenz), der alle Schuldner gleichgestellt hätte, die bessere Lösung gewesen.
Der sogenannte Hebel zur Mobilisierung von einer Billion Euro ist nach Ansicht Langhammers unzureichend, um verschuldete Euro-Länder wie Italien oder Spanien einzubeziehen. Es wäre besser gewesen, wenn die Staatschefs - wie die USA - öffentlich keine konkrete Zahl genannt hätten, sagte Langhammer. Nun werde die Fantasie der Finanzmärkte beflügelt, wie weit sie gehen könnten. Eine Mitteilung, dass ein Euro-Land umgeschuldet werde und mit der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds die notwendigen Maßnahmen ergriffen würden, hätte gereicht, sagte er. In der Praxis sprächen aber die Euro-Strukturen aber gegen ein solches Vorgehen.