Iran: Deutsche Wirtschaft zwischen Hoffnung und Skepsis

Frankfurt/Main (dpa) - Die Hoffnung auf eine endgültige Aussöhnung im Atomstreit mit dem Iran ist groß - auch bei der deutschen Wirtschaft. Der Export von Waren „Made in Germany“ in das Land könnte sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln.

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Das sagt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag für den Fall voraus, dass es bis zum Sommer ein umfassendes Abkommen und ein Ende der Sanktionen gibt. Bevor die USA und die EU die Daumenschrauben anlegten, war Deutschland in vielen Bereichen der wichtigste Handelspartner Teherans. Könnten die Unternehmen an den Erfolg der Vergangenheit anknüpfen?

Von der Lücke, die deutsche Firmen hinterließen, profitierten häufig chinesische Wettbewerber. Gerade einmal 6,3 Prozent der Importe stammen derzeit noch aus Deutschland, Chinas Anteil liegt nach Angaben des Kreditversicherers Euler Hermes mit 15 Prozent etwa doppelt so hoch. Ölexporte aus dem Iran nach China würden in Renminbi beglichen, erläutert Euler Hermes-Chefvolkswirt Ludovic Subran. „Dadurch haben viele iranische Unternehmen und Finanziers hohe Reserven in dieser Währung und sind quasi dadurch gezwungen chinesische Produkte zu kaufen.“

Besonders deutlich haben sich Verhältnisse im Maschinen- und Anlagenbau verschoben. Der Marktanteil deutscher Firmen ist nach Angaben des Branchenverbandes VDMA von gut 30 Prozent im Jahr 2006 auf inzwischen 11,7 Prozent 2013 geschrumpft. An der Spitze stehen nun Wettbewerber aus China mit gut 36 Prozent.

Dennoch sieht Subran gute Chancen für die deutsche Schlüsselindustrie. Denn die Maschinen in der iranischen Industrie sind veraltet. „Die Nachfrage nach neuen Maschinen sowie Ersatzteilen zur Instandhaltung der bestehenden Produktionslinien wäre also die logische Folge“. Davon könnten gerade die deutschen Hersteller profitieren, erwartet der Ökonom.

Hart sind die Sanktionen vor allem im Finanzbereich. Manche Branche klagt: Selbst bei Geschäften, die nicht unter die Sanktionen fielen, sei es schwierig, eine Bank für die finanzielle Abwicklung zu finden. Zu groß sei offenbar die Angst vor Ärger in den USA. Die Haltung der Institute müsse sich ändern, sonst könnten die Unternehmen keine Geschäfte machen, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Wie teuer Ärger mit den USA werden kann, erlebte jüngst die Commerzbank. Das Institut musste für einen Vergleich mit US-Behörden insgesamt 1,45 Milliarden Dollar hinblättern, um ein Verfahren wegen Geldwäsche und Geschäften mit „Schurkenstaaten“ wie dem Iran beizulegen.

Andererseits: „Der Iran bietet nicht zuletzt aufgrund seines Rohstoffreichtums und seiner großen Bevölkerung Potenzial für die deutsche Wirtschaft“, sagt DIHK-Außenwirtschaftsexperte Felix Neugart. „Langfristig könnte der Handel durchaus im zweistelligen Milliardenbereich liegen.“ Gute Chancen sieht er insbesondere für den Maschinen- und Anlagenbau, Autobauer, die chemische Industrie, Pharmazie und Medizintechnik sowie die erneuerbaren Energien.

Subran erwartet, dass der Konsum in Iran nach einem Ende der Sanktionen massiv zulegt und davon vor allem Produkte „Made in Germany“ profitieren. „Wenn eine iranische Familie derzeit nur eine chinesische Spülmaschine kaufen kann, die sie häufiger ersetzen muss, wird sie - sobald die Sanktionen es erlauben würden - auf hochwertigere und langlebigere Produkte setzen und genau hier stehen die deutschen Firmen bereits in den Startlöchern.“

Mehr Konsum könnte auch die schwächelnde Konjunktur Irans ankurbeln. Die Wirtschaft schrumpft zwar nicht mehr - vor allem das Ölembargo der EU 2012 hatte Iran hart getroffen, die Wirtschaft brach damals um 6,6 Prozent ein. 2014 wuchs das Bruttoinlandsprodukt nach Schätzungen der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing GTAI um 1,5 Prozent. Für ein Land, das nicht hochindustrialisiert ist, ist das allerdings nicht viel.

Doch selbst bei einem Ende der Sanktionen bleiben Risiken. Subran nennt unter anderem hohe bürokratische Hürden, Währungsrisiken und die Konflikte in der Region.