Israel warnt vor Radikalisierung in Ägypten
Jerusalem (dpa) - Israel warnt angesichts der schweren Unruhen in Ägypten vor einer Machtübernahme radikaler Islamisten in dem Nachbarland.
Staatspräsident Schimon Peres sagte am Montag nach Angaben des israelischen Armeesenders, die Herrschaft religiöser Fanatiker wäre nicht besser als ein Mangel an Demokratie unter dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak.
„Wir hatten und haben immer noch großen Respekt für Präsident Mubarak“, sagte Peres in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zu den Unruhen in Ägypten. „Wir sagen nicht, dass alles, was er getan hat, richtig ist, aber er hat eine Sache getan, für die wir ihm dankbar sind: Er hat den Frieden im Nahen Osten bewahrt“, sagte der Präsident bei einem Empfang für neue Botschafter in seiner Residenz in Jerusalem.
Mubarak ist in der Vergangenheit immer wieder als Vermittler in Nahost aufgetreten. Israel fürchtet, dass im Falle eines Regimewechsels in Ägypten die Muslimbrüder an die Macht kommen könnten. Aus dieser Organisation ist die mit Israel verfeindete, im Gazastreifen herrschende Hamas hervorgegangen.
Die israelische Zeitung „Haaretz“ schrieb am Montag, Israel habe den Westen dazu gedrängt, seine Kritik an Mubarak zu dämpfen. Israel setze sich aus Sorge um die Stabilität in der Region für eine Bewahrung des Regimes von Mubarak ein. Ein israelischer Außenamtssprecher wollte den Bericht am Montag nicht kommentieren. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte seine Minister am Sonntag angewiesen, sich nicht zu den Ereignissen in Ägypten zu äußern.
„Haaretz“ schrieb jedoch unter Berufung auf israelische Regierungskreise, das Außenministerium habe am Wochenende eine Direktive an mehrere Botschaften geschickt. Die israelischen Botschafter in den USA, Kanada, China, Russland und verschiedenen europäischen Ländern seien angewiesen worden, in ihren Gastländern die Bedeutung der Stabilität in Ägypten zu betonen.
Israelische Kommentatoren haben die Reaktion der USA auf die Demonstrationen in Ägypten stark kritisiert. In Israel entstand der Eindruck, dass US-Präsident Barack Obama und US-Außenministerin Hilary Clinton Mubarak „wie eine heiße Kartoffel fallengelassen“ haben. Obama hatte sich am Sonntag für „einen geordneten Übergang zu einer Regierung“ ausgesprochen, „die auf die Bestrebungen des ägyptischen Volkes eingeht“. Ein Kommentator der Zeitung „Maariv“ titelte am Montag: „Eine Kugel in den Rücken, von Onkel Sam.“
„Die Amerikaner und die Europäer lassen sich von der öffentlichen Meinung mitreißen und haben nicht ihre echten Interessen vor Augen“, sagte ein israelischer Regierungsvertreter. „Selbst wenn sie Mubarak kritisch sehen, müssen sie ihren Freunden das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind. Jordanien und Saudi-Arabien sehen die Reaktionen im Westen, wie alle Mubarak fallen lassen, und dies wird sehr ernsthafte Auswirkungen haben.“
Die Palästinenserbehörde von Mahmud Abbas hielt sich am Montag weiter mit Äußerungen zu der Lage in Ägypten zurück. Abbas hatte Mubarak am Freitag angerufen und seine Sorge zum Ausdruck gebracht. Der Palästinenserpräsident habe Ägypten „Stabilität und Sicherheit“ gewünscht, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.