Kanzlerin gegen Volksabstimmung zur Europa-Politik
Berlin (dpa) - Beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf. Und so birgt die Euro-Krise auch Gefahr für die Einigkeit der EU. Zu deren Schutz fordert die Kanzlerin eine rigide Finanzkontrolle. Die eigenen Bürger will Angela Merkel nicht über ihre Europa-Politik abstimmen lassen.
Die Bundeskanzlerin will zu hohe Schulden rechtlich ahnden lassen. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin plädierte die Kanzlerin dafür, die EU-Verträge so zu korrigieren, dass eine Stabilitätskontrolle samt Klagerecht von EU-Kommission und Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) möglich ist.
Forderungen aus der CSU nach einer Volksabstimmung über die Europa-Politik der Bundesregierung lehnte die Kanzlerin ab. „Meine Position zur repräsentativen Demokratie auf Bundesebene, zur Balance zwischen Bundestag und Bundesrat ist unverändert und bekannt. (...) Ich finde, dass unsere demokratische Ordnung, so wie sie ist, Deutschland eine große innere Stabilität gegeben hat und gibt.“
Merkel forderte eine schnelle Veränderung der EU-Verträge. „Diese Schwachstellen müssen wir jetzt beseitigen und dürfen uns dabei nicht allzu viel Zeit lassen.“ Der Euro sei weit mehr als eine Währung. „Er steht für die Einigungsidee Europas.“
Die permanente Verletzung der Stabilitätsregeln in einem Land stelle für alle anderen eine Gefahr dar, erläuterte Merkel. Auf die Frage, ob der europäische Frieden in Gefahr sei, antwortete sie: „Wir alle in Europa sind in einer sehr schwierigen Situation.“ Nötig sei Verlässlichkeit. „Vertrauen ist in der derzeitigen Situation eine rare Münze. Wir brauchen mehr davon.“
Merkel sagte: „Die gemeinsamen Verabredungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts schützen uns alle. Wenn sie nicht eingehalten werden, muss eine europäischen Institution das Recht haben, auf einen beanstandeten nationalen Haushalt durchgreifen zu können.“ EU-Kommission oder ein Mitgliedstaat müssten ein Land beim Europäischen Gerichtshof verklagen können.
„Jeder muss wissen, dass seine nationale Entscheidung schwerwiegende Auswirkungen in Europa und darüber hinaus haben kann. (...) Wir haben es immer mehr mit einer europäischen Innenpolitik zu tun.“ So habe Griechenlands vorübergehende Entscheidung für ein Referendum über die Spar- und Reformmaßnahmen im eigenen Land alle europäischen Partner betroffen. „Denn sofort wurde die Verlässlichkeit der Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 27. Oktober weltweit in Zweifel gezogen.“
Die schwarz-gelbe Koalition werde den Schuldenabbau in Deutschland auf jeden Fall vorantreiben und die Schuldenbremse streng einhalten, betonte die Kanzlerin.
Auf Dauer kann Europa in der Welt nach Merkels Ansicht nur mit seinen Ideen wuchern. „Wir in Europa sind derzeit kein sehr dynamisch wachsender Markt, weder haben wir viel Geld auf der hohen Kante, noch sind wir rohstoffreich oder gar besonders jung. (...) Wenn wir eines Tages nicht mehr in der Lage wären, mit Einfallsreichtum und auf höchstem Entwicklungsstand Produkte herzustellen, besser als alle anderen, dann wären wir als Kontinent nicht mehr besonders interessant. Sie versprach, Deutschland werde in Bildung und Forschung investieren. „Das ist das Pfund, das uns auch künftig unseren guten Platz in der Welt sichert.“