Koalition peilt Ja zum Euro an
Berlin/Brüssel/Athen (dpa) - Schwarz-Gelb will trotz neuer Irritationen über die Reichweite des Euro-Rettungsschirms die entscheidende Abstimmung aus eigener Kraft gewinnen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer gehen von einer Regierungsmehrheit am Donnerstag im Bundestag aus.
Die Europäer verstärken derweil ihren Druck auf das hoch verschuldete Griechenland. An der Börse zogen Bankaktien den Dax nach oben, weil die Politik die Geldhäuser womöglich mit Finanzspritzen stärken will.
Für Wirbel in der Koalition sorgten am Montag Hinweise, dass der Rettungsschirm EFSF in der Praxis bald massiv ausgeweitet werden könnte. Die britische BBC berichtete, es gebe einen Plan der Europäer, in fünf bis sechs Wochen den auf 440 Milliarden Euro ausgelegten Fonds indirekt auf bis zu zwei Billionen Euro zu erweitern. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versicherte am Abend, ein solcher Schritt sei nicht geplant. „Wir haben nicht die Absicht ihn aufzustocken“, sagte er auf n-tv.
Zuvor hatte die FDP von Merkel die Zusage verlangt, dass nicht hinter dem Rücken des Parlaments getrickst werde. „Die Frau Bundeskanzlerin muss sehr schnell klarstellen, dass es keine Änderungen der Geschäftsgrundlagen beim EFSF gibt“, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Finanzexperte Hermann Otto Solms drohte in der „Welt“ (Dienstag) andernfalls mit einem Nein der Liberalen.
Am Wochenende war am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington spekuliert worden, das Volumen des EFSF über einen Kredithebel mit Rückendeckung der Europäischen Zentralbank (EZB) quasi auf unbegrenzte Mittel zu erweitern.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann lehnte dies umgehend ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meinte dazu, es gebe auch noch andere Optionen für einen Kredithebel: „Natürlich werden wir den EFSF in einer effizienten Weise nutzen.“
Widerstand gab es gegen Schäubles Idee, den erst für Mitte 2013 vorgesehenen dauerhaften Rettungsschirm ESM vorzuziehen. Seehofer sagte, davon halte er „gar nichts“. Die Koalition sollte in der entscheidenden Euro-Woche „nicht durch immer wieder neue Ideen und Hinweise“ belastet werden.
An diesem Dienstag wird in den Bundestagsfraktionen von Union und FDP eine Art Probeabstimmung erwartet, wie viele Abweichler es gibt. Merkel hatte aber am Sonntagabend in der ARD betont, sie sei für die Abstimmung „sehr zuversichtlich“. SPD und Grüne wollen ebenfalls für den EFSF stimmen. Merkel trifft am Dienstag in Berlin den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou.
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos wies Gerüchte zurück, Athen habe mit IWF und EZB über eine geordnete Umschuldung mit einem Schuldenschnitt von bis zu 50 Prozent gesprochen.
In Brüssel erhöhte EU-Währungskommissar Olli Rehn den Druck. Für Griechenland sei der „Augenblick der Wahrheit“ gekommen. Rehn weiter: „Das ist die letzte Chance, den Zusammenbruch seiner Wirtschaft zu verhindern - die Kriterien müssen vollständig erfüllt sein, bevor die Mittel verfügbar sind.“
Die Überweisung der nächsten Hilfsrate von acht Milliarden Euro zog sich weiter hin. Die Euro-Finanzminister werden wohl nicht bei ihrer nächsten Sitzung am 3. Oktober in Luxemburg darüber entscheiden. Ohne das Geld ist das Land pleite. Aus Protest gegen die harte Sparpolitik gab es in Athen erneut Streiks.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwägt laut einem Zeitungsbericht, seine Ressourcen für den Kampf gegen die Krise weiter aufzustocken. Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ könnten die Finanzmittel des Fonds von derzeit rund 940 Milliarden Dollar auf 1,3 Billionen Dollar oder mehr steigen. Der IWF ist in der weltweiten Finanzkrise zu einem der wichtigsten Krisenhelfer aufgestiegen.