Kurden wollen moderne Waffen auch aus Deutschland

Erbil/Berlin (dpa) - Außenminister Steinmeier hat im Irak ausgelotet, wie Deutschland beim Kampf gegen militante Islamisten helfen kann. Zusagen über humanitäre Hilfe hinaus macht er zunächst nicht.

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Den Kurden reicht die Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten aber nicht.

Die Kurden im Irak dringen auf Waffenlieferungen auch aus Deutschland, aber die Bundesregierung bleibt unentschlossen. Kurden-Präsident Massud Barsani verlangte am Wochenende in Interviews moderne und wirksame Waffen sowie Ausbilder aus Ländern wie den USA und Deutschland, um die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) besiegen zu können. „Wir bekämpfen diese Terroristen gerade stellvertretend für die freie Welt“, sagte er zur Begründung.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier machte Barsani bei seinem Besuch im irakischen Kurden-Gebiet noch keine Zusagen. Damit bleibt es vorerst bei humanitärer Hilfe aus Deutschland. Im kurdischen Erbil landeten am Wochenende die ersten Bundeswehr-Flugzeuge mit Lebensmitteln und Sanitätsmaterial im Nordirak, wo inzwischen Hunderttausende von Flüchtlingen auf Hilfe angewiesen sind.

Steinmeier besuchte in Erbil eine Notunterkunft für 300 Jesiden und Christen und sicherte dabei weitere Hilfsleistungen zu. „Es geht auch darum, Wiederaufbau zu leisten, damit Sie in Ihre Heimatdörfer zurückkehren können“, sagte der Außenminister. Die Bundesregierung hat bereits 24,4 Millionen Euro für Flüchtlingshilfe im Irak zur Verfügung gestellt.

Bei Steinmeiers politischen Gesprächen in Bagdad und Erbil ging es darum, was Deutschland darüber hinaus leisten kann. Die Bundesregierung hat sich grundsätzlich zur Lieferung von Ausrüstung bereiterklärt und auch Waffenlieferungen nicht ausgeschlossen. Sie sieht dabei in der EU aber eher die Osteuropäer am Zug, die über Waffen aus Sowjetzeiten verfügen, die die kurdischen Peschmerga-Kämpfer nutzen.

Barsani machte in Interviews mit dem „Focus“ und der „Bild am Sonntag“ aber deutlich, dass es ihm um moderne Waffen geht. „Wer Europa vor dem Terrorismus beschützen will, fängt jetzt damit an, Kurdistan zu verteidigen und IS zu bekämpfen“, sagte er.

In Deutschland zeigen sich immer mehr Politiker offen für Waffenlieferungen. „Wir können nicht zusehen, wie bis an die Zähne bewaffnete Fanatiker Tausende unschuldige Menschen umbringen und deren Verteidiger keine wirksamen Mittel zum Schutz haben“, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dem „Spiegel“.

Noch deutlicher wurde Ex-Außenminister Joschka Fischer in der „Bild am Sonntag“. Eine Terrormiliz lasse sich „weder mit Gebetskreisen noch mit Spruchbändern“ stoppen, sagte er. Die Kurden wollen neben Gewehren und Munition vor allem panzerbrechende Waffen, Artillerie Fahrzeuge und Kommunikationseinrichtungen.

In der schwarz-roten Koalition sind Waffenlieferungen höchst umstritten. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Außenpolitik, Norbert Röttgen, ist dagegen. Daran änderte auch die Irak-Reise nichts, auf der der CDU-Politiker Steinmeier begleitete. „Ich fühle mich durch die Gespräche mit den Kurden in meinen Bedenken bestätigt“, sagte er der dpa.

Auch die Bevölkerung in Deutschland lehnt die Lieferung deutscher Waffen in den Irak Umfragen zufolge mehrheitlich ab. In einer Emnid-Befragung für den „Focus“ sagten knapp zwei Drittel (63 Prozent), ihr Land solle sich mit humanitärer Hilfe engagieren. 15 Prozent befürworteten Waffenlieferungen und humanitäre Hilfe, ein Prozent ausschließlich Rüstungsgüter.

Neben den USA haben bereits Großbritannien und Frankreich Waffenlieferungen angekündigt. Der britische Premierminister David Cameron warnten wie Barsani vor einer Bedrohung auch Europas durch die IS. „Die Errichtung eines extremistischen Kalifats mitten im Irak, das sich auch nach Syrien erstreckt, ist kein Problem meilenweit weg von zu Hause“, schrieb Cameron im britischen „Sunday Telegraph“. „Das ist eine eindeutige Gefahr für Europa und für unsere Sicherheit.“