Märkte erleichtert über Einigung im US-Haushaltspoker
Washington/Berlin (dpa) - Kein Jubel, aber doch Erleichterung - die Märkte atmeten nach dem Ende des Haushaltsdramas in den USA erst einmal auf. Skepsis über die kurzfristige Lösung war jedoch überall zu hören.
An den meisten Börsen ging es zunächst nach oben, am Donnerstag gaben die Aktienkurse größtenteils wieder etwas nach. Die Investoren hatten den in letzter Minute gefundenen Kompromiss erwartet und richten ihren Blick bereits in die Zukunft. Der grundsätzliche Konflikt um den Haushalt in der weltgrößten Volkswirtschaft ist noch nicht endgültig gelöst. Vor allem aus China kam deutliche Kritik.
Mit dem Kompromiss entging die Weltwirtschaft nach Ansicht von Weltbank-Präsident Jim Yong Kim nur knapp einem Desaster: „Die globale Wirtschaft ist einer potenziellen Katastrophe ausgewichen.“ Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sprach von einem „wichtigen und notwendigen Schritt“. Die Unsicherheit über die Finanzpolitik der USA müsse nun unbedingt verringert werden, betonte sie.
Der deutsche Aktienmarkt hatte bereits am Mittwoch nach den ersten positiven Signalen für eine Einigung in Washington mit Rekordständen reagiert. Der Dax kletterte bis auf 8861 Punkte. Am Donnerstag fiel der deutsche Leitindex wieder leicht ab.
Auch die anderen wichtigen Börsenindizes in Europa gaben etwas nach, auch beeinflusst von der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die chinesische Ratingagentur Dagong. Zuvor hatten die wichtigsten Börsen in Asien zugelegt. Der Eurokurs profitierte von der Einigung, während der Dollar auch nach dem Kompromiss weiter unter Druck stand.
Insgesamt fielen die Ausschläge an den Weltbörsen verhalten aus. Die Anleger vertrauten nach Einschätzung von Marktexperten darauf, dass wie in den vergangenen Jahren eine Einigung in den USA gefunden wird. Eine Zahlungsunfähigkeit des Finanzgiganten USA hätte desaströse und unabsehbare Folgen für die Weltwirtschaft.
Der US-Kongress hatte sich nach wochenlangem Streit nur darauf geeinigt, das Schuldenlimit der USA bis zum 7. Februar heraufzusetzen. Außerdem soll die Regierung, die seit mehr als zwei Wochen ohne verabschiedeten Haushalt arbeitet, lediglich bis zum 15. Januar das Budget übergangsweise finanziert bekommen.
Für den eskalierten Finanzstreit haben die USA nach Einschätzung der Ratingagentur Standard & Poor's schon jetzt einen hohen Preis gezahlt. Der „Shutdown“ habe die Wirtschaft bereits 24 Milliarden Dollar (knapp 18 Mrd Euro) gekostet.
Ein deutlicher Warnschuss kam aus China: Die Staatsagentur Xinhua bezweifelte in einem Kommentar die Sicherheit von US-Staatspapieren. „In- und ausländischen Investoren sei geraten, sich einen Plan B zurechtzulegen, da noch immer keine langfristige Lösung für die US-Schuldenkrise in Sicht ist“, schrieb die Nachrichtenagentur. Aus Parteikalkül hätten die Abgeordneten eine Lösung bis zum letzten Moment hinausgezögert. Dabei seien ihnen die schlimmen Konsequenzen für die Weltwirtschaft sehr bewusst gewesen.
China ist der größte auswärtige Gläubiger der USA und hält 1,3 Billionen Dollar in US-Staatspapieren. Die chinesische Ratingagentur Dagong senkte die Kreditwürdigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft von der dritthöchsten Bewertung „A“ auf „A-“.
Auch aus der deutschen Wirtschaft kamen kritische Töne, gleichwohl überwog die Erleichterung. Mit der Einigung seien schwerwiegende Folgen für die amerikanische und die Weltwirtschaft vorerst abgewendet, erklärte der Industrieverband BDI. Diese Lösung sei aber nur vorübergehend: „Eine Wiederholung der Haushaltskrise Anfang kommenden Jahres muss unbedingt vermieden werden“, mahnte der BDI.
Ähnlich äußerte sich der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK): „Der worst case ist zum Glück nicht eingetreten.“ Dennoch sei das Vertrauen auch der Finanzmärkte in die US-Haushaltspolitik erschüttert.
In Brüssel sorgte die Einigung für Erleichterung: „Sie hat die dunklen Wolken beseitigt, die die Weltwirtschaft und die jüngste wirtschaftliche Erholung in Europa überschattet haben. Das ist eine sehr gute Nachricht“, sagte der Sprecher von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn.