Marine Le Pen schielt aufs Präsidentinnenamt

Paris (dpa) - Vor allem zwei Begriffe prägen die Reaktionen in Frankreich nach der Europawahl. Ein „politisches Erdbeben“ erschüttert das Land - mit „Schockwellen“ teils weit über die Grenzen hinaus.

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Das Epizentrum dieses Bebens trägt den Namen Marine Le Pen. Die Chefin der rechtsextremen Front National treibt ihre Partei von Erfolg zu Erfolg. Ihr Ziel: die Präsidentschaftswahl 2017.

Seit Jahren verweigert sich Le Pen rechten Bündnissen etwa mit der konservativen UMP - und umgekehrt. Die 45-Jährige setzt auf eigene Siege mit entstaubtem Image. Sie will „50 Prozent der Franzosen, plus einer.“ In einigen Regionen ist sie diesem Ergebnis schon verdammt nah. 30 Jahre nach ersten Wahlerfolgen überwand die Front National am Sonntag im Bezirk Aisne nordöstlich von Paris die 40-Prozent-Marke.

Für Norbert Wagner von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Paris erntet die FN damit Früchte einer Politik von Sozialisten und UMP, „die schon seit Jahren die politische Realität negiert“. Reformen blieben aus oder würden beim geringsten Widerstand wieder zurückgenommen. Da es bei der EU-Wahl nach Meinung vieler Franzosen „nur um Brüssel“ gegangen sei, stimmte laut Wagner jeder Vierte für eine Partei, „die außer Protest nichts anzubieten hat“.

Auch Jérôme Fourquet vom Pariser Ifop-Institut sieht die FN zwischen „völlig orientierungsloser“ linker Regierung und zerstrittener UMP, die keine Alternative verkörpere. Hinzu kommt bei Franzosen laut Regionalzeitung „La Dépêche du Midi“ eine Kombination aus „Selbstsucht und Angst vor der Zukunft“. Rückwärtsgewandte FN-Themen passen dazu: weniger Ausländer, Grenzen zu, Euro weg, keine EU.

Präsident François Hollande und seine regierenden Sozialisten mussten innerhalb kürzester Zeit gleich eine doppelte Ohrfeige einstecken. Nach dem Desaster bei den Kommunalwahlen folgte das nicht weniger katastrophale Ergebnis bei der Europawahl. Grund ist neben dauerhaft schlechten Wirtschaftswerten auch Hollandes Unbeliebtheit. Sie schlägt bereits alle Rekorde und scheint bei jeder Erhebung eine weitere Stufe nach unten zu finden. Nun gaben 68 Prozent der Wähler an, mit ihrem Votum die Politik des Präsidenten abgestraft zu haben.

Direkte Auswirkungen hat Hollande nicht zu befürchten, bis 2017 ist seine Macht gefestigt. Die Aussichten für die nächsten Jahre sind aber alles andere als rosig. So haben etwa die je nach Institution unterschiedlichen Wachstumsprognosen eines gemeinsam: Bescheidenheit.

Für Bruno Jeanbart vom Institut OpinionWay reicht es ohnehin nicht, an Hollandes Image zu basteln. Grundlegendes müsse sich ändern. „Schneller und direkter kommunizieren“ solle die Regierung - und „die Zeit zwischen Ankündigungen und Entscheidungen verkürzen.“