Medienecho zur Nominierung Gaucks

Berlin (dpa) - Das Medienecho zur Nominierung des früheren DDR-Bürgerrechtlers Joachim Gauck als Nachfolger von Christian Wulff ist durchweg positiv. Die Kommentatoren zeigen sich erleichtert über das Einlenken der Kanzlerin.

Bequem werde der neue Bundespräsident aber sicher nicht.

- „Süddeutsche Zeitung“: „Joachim Gauck ist ein geschickter und verbindlicher Mann, seine Stärke ist das predigerhafte Pathos, das aber thematisch sehr schmalspurig ist. Er ist kein einfacher Kandidat, er ist einer, der emotional denkt, emotional redet und bisweilen auch emotional handelt. Er wird ein schwer kalkulierbarer Präsident sein, er wird für Irritationen sorgen.“

- „Bild“-Zeitung: „Die Deutschen haben fast eine Generation nach dem Mauerfall Joachim Gauck verdient. Er ist der 'Präsident der Herzen' und er ist der Qualifizierteste.“

- „Neue Osnabrücker Zeitung“: „Er (Gauck) wird parteiübergreifend gestützt, hat eine glaubhafte Biografie und genießt in der Bevölkerung hohes Ansehen. Parteipolitisch ist er absolut unabhängig. Zugleich trifft er auf die Sehnsucht nach einem allseits geachteten Präsidenten. Wer seinen Weg kennt, weiß aber: Bequem wird Gauck es Deutschland nicht machen.“

- „Rheinische Post“: „Wenn Integrität die wichtigste Eignung für den neuen Präsidenten ist, kommt man an dem mutigen Streiter für Demokratie und Freiheit in der DDR (Gauck) einfach nicht vorbei. Damit ist noch nicht gesagt, ob er auch ein guter Bundespräsident wird. Er hat aber alle Chancen dafür.“

- „Südkurier“: „Die Kanzlerin schluckt die größte Kröte ihrer Amtszeit, die FDP darf sich in der koalitionsinternen Kraftprobe als Sieger fühlen. Dramatischer könnte der Start für den neuen Präsidenten nicht ausfallen. Gaucks wichtigste Aufgabe wird sein, Vertrauen zurückzugewinnen und dem obersten Amt im Staat die notwendige Autorität zurückzugeben. Das Zeug dazu hat er zweifellos.“

- „Nordwest Zeitung“: „Es spricht für Angela Merkel, ihren Widerstand gegen den 'Präsidenten der Herzen' aufgegeben zu haben. Das verdient Respekt. Schön ist, dass Joachim Gauck zudem auch die Zustimmung einer großen Bevölkerungsmehrheit sicher ist. Er verkörpert, was zuletzt so sehr vermisst wurde.“

- „Neue Zürcher Zeitung“: „Er (Gauck) ist ungebunden, gescheit, frech und ideenreich - und damit war er Merkel, der Biederen, wohl zu unberechenbar. Gauck ist in der Lage, allen an den Karren zu fahren, also auch der Regierungschefin.“

- Schweizer „Tages-Anzeiger“: „Er (Gauck) ist nach dem grandiosen Scheitern von Wulff der natürliche Kandidat. Er ist eine moralische Instanz; unbestechlich, prinzipientreu, unabhängig. Joachim Gauck wirkt so wie die Antithese zu Wulff, dem Politprofi und Karrieristen. Mit Gauck gibt es eine reale Chance, dass das durch die Ereignisse der letzten Wochen so abgehalfterte Amt des Bundespräsidenten in Deutschland neuen Glanz bekommt, neue Tiefe und Bedeutung.“

- „NRC Handelsblad“: „Merkel musste sich von dem politischen Ballast befreien, zu dem Wulff für sie und die Christdemokraten geworden war. Deutschland ist jetzt erlöst von einem Mann, der keine moralische Autorität mehr hatte. Die Bundesrepublik musste einen Präsidenten suchen, der diese Autorität ausstrahlt.“