Merkel spricht erneut mit Putin
Moskau/Donezk/Berlin (dpa) - In der Ukraine-Krise hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erneut an Russlands Präsidenten Wladimir Putin appelliert, stärker auf die Separatisten im Osten des Landes einzuwirken.
Die Moskauer Regierung müsse diese zu einem Waffenstillstand mit Kiew drängen, forderte Merkel nach Angaben einer Vize-Regierungssprecherin vom Mittwochabend in einem Telefonat mit dem Kremlchef. Die Kanzlerin zeigte sich demnach besorgt darüber, dass von Russland aus Nachschub für die Separatisten geliefert wird.
Die EU und die USA werfen Russland vor, nichts zur Entspannung der Lage in der Ukraine zu unternehmen. Sie hatten deshalb vor kurzem erstmals ganze russische Wirtschaftszweige mit Sanktionen belegt. Betroffen sind der Finanz-, Energie- und der Militärsektor.
Russland verhängte nun im Gegenzug ein einjähriges Einfuhrverbot für zahlreiche Agrarprodukte und Lebensmittel aus Ländern, die Strafmaßnahmen gegen Moskau erlassen haben. Die Regierung wird nach Angaben Putins noch eine detaillierte Liste der Produkte ausarbeiten, die „verboten oder begrenzt“ würden.
Nach Ansicht der USA fügt Russland mit dem Schritt der eigenen Wirtschaft zusätzlichen Schaden zu. Diese würden das Land international nur noch weiter isolieren, sagte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates. Die russische Zentralbank habe bereits davor gewarnt, dass die hohe Inflationsrate durch ein Importverbot weiter steigen und die Kaufkraft der Russen sinken würde.
Die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen des Westens hätten die russische Wirtschaft bereits deutlich geschwächt. „Ausländische Investoren bleiben zunehmend fern, und russische Investoren flüchten“, sagte die Sprecherin. Vor den Strafmaßnahmen der USA und der EU sei für das laufende Jahr bereits eine Kapitalflucht von rund 100 Milliarden Dollar (74,7 Mrd. Euro) erwartet worden.
Deutschland war zuletzt der zweitwichtigste Handelspartner Russlands. Nach Daten der Germany Trade & Invest (GTAI) für 2012 kamen 9,4 Prozent der russischen Einfuhren aus Deutschland - damit liegt die Bundesrepublik hinter China auf Rang zwei der Lieferländer.
Im Kampf um die Separatistenhochburg Donezk griff die ukrainische Luftwaffe derweil erstmals Ziele nahe des Zentrums der Großstadt an. Wegen der Gefechte zog die OSZE Beobachter aus der Stadt ab. Auch an anderen Orten der Region tobten weiter Kämpfe - wie etwa an der Absturzstelle des Fluges MH17.
Wegen der Auseinandersetzungen wurde der Einsatz zur Bergung sterblicher Überreste und persönlicher Gegenstände in dem Trümmerfeld zunächst eingestellt. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte teilte mit, der Einsatz sei für die rund 100 Kräfte aus den Niederlanden, Australien und Malaysia zu gefährlich geworden. Die Australier gedachten derweil bei einem nationalen Trauertag ihrer 38 bei der Katastrophe gestorbenen Landsleute. Zur Erinnerung an sie wehten Nationalflaggen auf halbmast. In Melbourne gab es einen Gedenkgottesdienst.
Russland wies Vorwürfe des Westens zurück, die Krise durch einen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze weiter anzuheizen. Die Behauptungen seien eine „Irreführung der Weltöffentlichkeit“, erklärte das Verteidigungsministerium der Agentur Interfax zufolge. Die Nato fürchtet, dass Moskau Truppen in die Ostukraine senden könnte.