Fahrzeug rast in Menschenmenge Motiv des Amokfahrers von Münster weiter unklar
Münster (dpa) - Nach der Amokfahrt von Münster suchen die Ermittler weiter nach Motiv und Hintergründen für die Tat mit drei Toten und mehr als 20 Verletzten.
In einer gemeinsamen Presseerklärung von Staatsanwaltschaft und Polizei in Münster hieß am frühen Sonntagmorgen: „Bislang liegen keine Hinweise auf einen möglichen Hintergrund für die Tat vor. Die Ermittlungen werden mit Hochdruck und in alle Richtungen geführt.“
Nach der Amokfahrt gab es in der Uniklinik in Münster mehrere Notoperationen. Insgesamt würden vier Schwerstverletzte behandelt, sagte eine Sprecherin am Sonntagmorgen. Die Klinik habe nach der Amokfahrt sofort alle verfügbaren Mitarbeiter informiert. 250 Ärzte und Pfleger seien in kürzester Zeit einsatzbereit gewesen, teilte die Klinik mit.
Klar ist bisher nur, dass am Samstag um 15.27 Uhr ein Mann einen silberfarbenen Campingbus im Zentrum in eine Menschengruppe vor einer beliebten Gaststätte gesteuert und sich danach im Wagen erschossen hatte. Einige der Verletzten seien in Lebensgefahr, teilten die Behörden mit.
„Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen handelt es sich bei dem Fahrer vermutlich um einen 48-jährigen Mann aus Münster“, erläuterte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt.
Nach Informationen von „FAZ.NET“ stammt der Täter aus Olsberg im Sauerland. Er habe schon lange in Münster nahe des Tatorts gelebt.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Samstagabend gesagt: „Es spricht im Moment nichts dafür, dass es einen islamistischen Hintergrund gibt.“
Nach dpa-Informationen handelte es sich womöglich um einen psychisch labilen Einzeltäter.
Am Vormittag werden Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Münster erwartet. Möglicherweise werden beide mit weiteren Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gehen.
Die Polizei identifizierte inzwischen die beiden Todesopfer. Laut Staatsanwaltschaft und Polizei handelt es sich um eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und einen 65-jährigen Mann aus dem Kreis Borken.
Die Polizei fand bei der Durchsuchung der Wohnung des Amokfahrers keine brauchbare Maschinenpistole vom Typ AK47, wie es hieß. Die Beamten hätten nur eine Dekorationswaffe und Feuerwerkskörper gefunden. Spezialisten hätten aus Sicherheitsgründen die Wohnungstür aufgesprengt, bevor die Beamten die Räume hätten untersuchen können. Am Samstagabend waren in Münster wiederholt Explosionsgeräusche zu hören gewesen.
Auch unmittelbar nach der Amokfahrt hatten sich die Einsatzkräfte dem Campingbus mit großer Vorsicht genähert, da Beamte Drähte sahen, die ins nicht einsehbare Fahrzeuginnere führten.
Experten des Landeskriminalamts aus Düsseldorf hätten dann das Fahrzeug auf mögliche Gefahren ausgiebig untersucht und letztlich Entwarnung gegeben, hieß es weiter. Ermittler hätten im Wagen die Waffe, mit der sich der Täter erschossen habe, sowie eine Schreckschusswaffe und rund ein Dutzend Feuerwerkskörper gefunden.
Die Polizei lobte das besonnene Verhalten der Menschen. „Die Polizei konnte die notwendigen Maßnahmen schnell und reibungslos treffen“, erklärte der Einsatzleiter, Polizeidirektor Martin Fischer. „Alle haben sich vorbildlich verhalten und den Tatortbereich sehr schnell verlassen.“
Das Bundeskriminalamt richtete im Internet für Zeugen ein Hinweisportal ein: Unter der Adresse https://www.bka-hinweisportal.de/ könnten Videos oder Fotos, die im Zusammenhang mit der Tat stehen, hochgeladen werden. Nach Angaben der Polizei laufen inzwischen viele Hinweise ein.
„Allein die Tatortaufnahme wird viel Zeit in Anspruch nehmen“, erklärte Fischer zum Stand der Untersuchungen. „Wir brauchen Zeit, die Spuren auszuwerten und die Ergebnisse der Ermittlungen zusammenzuführen.“ Auch am Sonntag sei deshalb mit Behinderungen in Münsters Innenstadt zu rechnen.
Die Spurensuche am Tatort dauerte in der Nacht an. Leichen wurden dort erst im Dunklen abgeholt. Polizisten sperrten den Bereich weiter großräumig ab.
Keine Angaben machte die Pressemitteilung über Gerüchte, wonach zwei weitere Personen aus dem Transporter gesprungen und geflüchtet sein könnten.