Müller warnt: Trotz Traumstart noch keine „Übermannschaft“

Santo André (dpa) - Noch bevor Joachim Löws WM-Turbostarter nach dem Rückflug aus Salvador mit der betagten Fähre zum Campo Bahia übersetzten, hatte Wortführer Thomas Müller die weitere Richtung vorgegeben.

„Wir sind hier, um Weltmeister zu werden und nicht, um irgendwelche Rekorde zu schlagen“, sagte der umjubelte Dreifach-Torschütze nach dem 4:0 (3:0) gegen Portugal zu persönlichen Zielen, etwa dem erneuten Gewinn der Torjägerkrone.

Ein derart prägendes WM-Auftaktspiel war der Nationalmannschaft zuletzt 1990 beim 4:1 gegen Jugoslawien gelungen - am Ende konnte in Italien der dritte und bislang letzte Weltmeisterschafts-Titel gefeiert werden.

Eine große Party nach der Rückkehr ins Teamquartier in Santo André gab es am Montagabend nicht mehr. Der Knallstart, der in der Heimat sofort eine Fußball-Euphorie entfachte, war aber für die Protagonisten in Brasilien „ein Meilenstein Richtung Achtelfinale“, wie der Dortmunder Mats Hummels, der eine schmerzhafte Oberschenkelprellung erlitt, resümierte. „Das Ergebnis gibt uns absolut Rückenwind“, ergänzte Abwehrkollege Per Mertesacker.

Der ausgelassene Jubel im Stadion mit den rund 10 000 deutschen Fans und die großartige Stimmung beim Kabinenbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel schlugen mit jeder Stunde Abstand mehr in eine tiefe Zufriedenheit um. „Es ist ein guter Start, aber absolut kein Grund zum Abheben“, erklärte Manager Oliver Bierhoff. „Wir brauchen nicht so zu tun, als wenn wir hier als Übermannschaft gestartet sind“, mahnte Müller: „Im nächsten Spiel wird wieder bei Null angefangen.“ Gegner Ghana steht nach einer 1:2-Niederlage gegen die USA am kommenden Samstag in Fortaleza bereits mit dem Rücken zur Wand.

Mit dem Ausrufezeichen in der „enormen Hitze“ (Mario Götze) in Salvador positionierte sich das deutsche Team als Mitfavorit. Nach einer komplizierten Vorbereitung durfte sich gerade auch Löw als Gewinner fühlen. „Die Mannschaft war auf den Punkt topfit“, resümierte der Bundestrainer zufrieden.

Sein Plan war wunderbar aufgegangen: Löw hatte das System auf 4-3-3 umgestellt. Er beorderte vier Innenverteidiger in die Abwehr und ließ in der neuen offensiven Dreierreihe neben dem überragenden Müller auch Mario Götze wirbeln, den keiner in der Startelf erwartet hatte. „Wenn es eng ist, ist er ein Spieler, der sich gerade gegen große Abwehrspieler sehr gut in Szene setzen kann“, erläuterte Löw.

Der Mann des Spiels aber war in der Arena Fonte Nova der in der Spitze aufgebotene Müller. Der Torschützenkönig von 2010 erzielte in seinem siebten WM-Spiel seine WM-Tore sechs bis acht. Dazu traf Hummels nach einer Ecke mit dem Kopf. Löw geriet bei Müller förmlich ins Schwärmen: „Er hat einfach nur einen Gedanken im Kopf: Wie kann ich am Ende ein Tor erzielen? Er macht viele Wege, Querläufe, Diagonalläufe, so dass er für den Gegenspieler schwer zu greifen ist.“

Gegenspieler Pepe verleitete Müller auch noch zu einer Tätlichkeit. Die Rote Karte bescherte beim Stand von 0:2 Portugal 53 aussichtslose Minuten in Unterzahl. „Wir haben den ersten Schritt gemacht“, resümierte Torwart Manuel Neuer: „Da fällt natürlich ein Druck ab.“