Muslimbrüder lehnen Angebot zur Regierungsbeteiligung ab

Kairo (dpa) - Die ägyptische Staatsanwaltschaft hat Haftbefehle gegen den Führer der Muslimbruderschaft, Mohammed Badia, und neun weitere Spitzenfunktionäre erlassen. Sie werden der Aufhetzung zur Gewalt im Zusammenhang mit den jüngsten Zusammenstößen mit mehr als 50 Toten beschuldigt.

Kurz zuvor hatte die islamistische Organisation ein Angebot ausgeschlagen, sich an einer ägyptischen Übergangsregierung zu beteiligen. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Kuwait wollen dem wirtschaftlich schwer angeschlagenen Land mit Milliardenhilfen unter die Arme greifen.

In der Muslimbruderschaft hat der vor einer Woche vom Militär gestürzte Präsident Mohammed Mursi seine politische Heimat. Die Haftbefehle betreffen neben Badia unter anderen die führenden Muslimbrüder Mohammed Beltagi, Essam al-Arian und Safwat Hegasi.

Ihnen wird zur Last gelegt, Zusammenstöße provoziert zu haben, bei denen am Montag vor dem Klub der Republikanischen Garde in Kairo mehr als 50 Menschen getötet worden waren. Die meisten Opfer waren Mursi-Anhänger, die von Sicherheitskräften erschossen worden waren. Die Islamisten vermuten, dass dort Mursi vom Militär festgehalten wird.

Kurz vor Beginn des Fastenmonats Ramadan am Mittwoch hatte das Amt von Übergangspräsident Adli Mansur eine Versöhnungsinitiative in der kommenden Woche angekündigt. Ziel sei es, die Spaltung in der Gesellschaft zu überbrücken und Blutvergießen zu vermeiden, schrieb die Zeitung „Al-Ahram“ online. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wollte der am Vortag ernannte Chef der Übergangsregierung, Hasem al-Beblawi, auch Vertreter der Partei Freiheit und Gerechtigkeit (FJP), des politischen Arms der Muslimbruderschaft, an seinem Kabinett beteiligen.

Die entmachtete islamistische Organisation lehnte dies aber ab und forderte die Wiedereinsetzung Mursis, des ersten freigewählten Präsidenten Ägyptens. „Wir werden nichts mit einer Regierung zu tun haben, die aus einem Militärputsch hervorgegangen ist“, sagte der FJP-Funktionär Saad Emara dem Sender Al-Dschasira am Mittwoch. Mansur hatte bereits zuvor einen Fahrplan für Verfassungsänderungen und Neuwahlen binnen sechs Monaten präsentiert. Auch diesen hatte die Muslimbruderschaft zurückgewiesen.

Die neuen Haftbefehle stellen das Versöhnungsangebot Mansurs zusätzlich infrage. Nach Mursis Sturz waren bereits die führenden Muslimbrüder Chairat al-Schater, Raschad Bajumi und Saad al-Katatni verhaftet worden. Al-Katatni ist zugleich auch der Vorsitzende jener FJP, der Al-Beblawi eine Regierungsbeteiligung angeboten hat. Mursi selbst wird vom Militär an einem unbekannten Ort und ohne Anklage festgehalten.

Bei einem Angriff auf einen Polizeiposten auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel wurden am Mittwoch zwei Zivilisten getötet. Drei weitere Zivilisten sowie drei Polizisten seien zudem verletzt worden, als Unbekannte in Sadr al-Hetan das Feuer eröffneten, hieß es aus Sicherheitskreisen.

Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait wollen der bedrängten Übergangsregierung mit Milliardenhilfen unter die Arme greifen. Der saudische Finanzminister Ibrahim bin Abdulasis Al-Assaf kündigte ein Hilfspaket in Höhe von fünf Milliarden US-Dollar an, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA meldete. Die staatliche Nachrichtenagentur Wam meldete, die VAE hätten Mansur insgesamt drei Milliarden US-Dollar an Direkthilfen und zinslosen Krediten zugesagt. Aus Kuwait sollen vier Milliarden US-Dollar kommen, meldete die staatliche Agentur Kuna.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte unverhältnismäßige Gewalt der Sicherheitskräfte, die sofort beendet werden müsse. Recherchen deuteten darauf hin, dass Soldaten ohne Not das Feuer auf Pro-Mursi-Demonstranten eröffnet hätten. Vielen sei mit scharfer Munition auf Kopf und Oberkörper geschossen worden. Bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und dem Militär in Kairo waren allein am Montag nach offiziellen Angaben mindestens 51 Menschen getötet und 435 weitere verletzt worden.

Die USA äußerten sich positiv über den Plan Mansurs. „Wir sind vorsichtig optimistisch über die Ankündigung der Übergangsregierung. Wir glauben, das ist eine gute Sache“, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, in Washington. Alle Parteien sollten sich an dem Dialog über den demokratischen Prozess beteiligen.