Normandie-Gedenken zwischen Rummel und Geschichte

Ouistreham (dpa) - Der Sand von Omaha-Beach ist von Panzern zerpflügt. Ein Sherman M4A3E8 hat sich gerade seinen Weg durch die Schaulustigen gebahnt. Das historische Kettenfahrzeug kam mit den Alliierten in die Normandie.

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70 Jahre nach der Landung der Truppen, die Europa aus westlicher Richtung von Nazi-Deutschland befreien sollten, steht der Panzer auf einem der berühmtesten Abschnitte der Militäraktion. Auch andere Kolosse wie TDM-10 oder Hellcat M18 aus Privatbesitz oder kleinen Museen der Region sind per Tieflader hergeschafft worden.

Die Heerschar von Militärenthusiasten in häufig bunt zusammengewürfelten historischen Uniformen ist begeistert. „Fury“, so heißt der Sherman, ist vielleicht der Star unter den Panzern. Im Herbst kommt „Fury“ im gleichnamigen Film in die Kinos. Unter dem Kommando von US-Schauspieler Brad Pitt kämpft er dann gegen die Deutschen in der letzten Phase des Krieges.

Ein paar Kilometer vom berühmten Strand entfernt hat Erinnerung ganz andere, noch etwas wackelige Töne: im kleinen Guilberville probt Grundschullehrerin Laetitia Onfroy mit ihrer Klasse. 18 der 37 Schüler haben einen ganz großen Auftritt vor sich. Bei der US-Feier dürfen sie an diesem Freitag für Präsident Barack Obama die US-Hymne singen. „Klar haben wir Englisch in der Schule“, sagt die zehnjährige Celia Le Canu, „aber Englisch gesungen hab ich noch nie.“

Die Kinder tragen Kleidung wie aus den 1940er Jahren der Landung. Celias Mitschüler Lilian Lebedel (9) hat sich dazu seine Baskenmütze schön schräg auf den Kopf geschoben - und ist schon „ziemlich aufgeregt“. Lehrerin Onfroy sieht bei allem Spaß für die Schüler einen wichtigen Hintergrund: „Die Landung ist ein großes Thema hier in der Normandie. Die Kinder lernen die Bedeutung des Ereignisses so viel besser.“

Die Intensität der Erinnerung ist auf jedem Küstenkilometer zu sehen. „Gedenken gibt es jedes Jahr hier“, erzählt ein Bewohner aus Carentan, aber im Jubiläumsjahr sei das noch mal was Besonderes. Gemeinsam mit Bekannten erwartet er im Himmel über einer Kuhwiese rund 90 Fallschirmspringer. Sie wollen mit der Aktion an Tausende Absprünge während der Landung erinnern. Aber die Flugzeugtüren bleiben zu: „Der Wind ist heute zu stark.“ Das Springen fällt aus.

Solche Alternativen hatte Ramond Defer nicht. Der 91-Jährige kam mit den Befreiern. Als US-Soldat einer medizinischen Einheit sprang er 1944 aus einer Maschine, wie sie jetzt wieder über seinem Kopf ihre Bahn durch die Wolken zieht. „Ich bin zum ersten Mal wieder hier in der Normandie“, erzählt der in Florida lebende Defer. Er wäre nur gern weniger im Mittelpunkt, sagt er mit einem bescheidenen Lächeln.

Rund 1000 Veteranen sind in diesen Tagen zurück an den Stränden der Landung. „Es ist ein gutes Gefühl, hierhergekommen zu sein“, sagt William Spriggs. Der 88-Jährige aus New York freut sich vor allem über die vielen Menschen, die er zu den Feiern treffen kann. „Das war damals ganz anders, da war keiner hier.“

Die Bewohner der Normandie waren nicht nur Opfer der deutschen Besatzer, sondern auch direkt betroffen von der „Operation Overlord“, die mit der Landung am 6. Juni 1944 begann. Allein in der von den Kämpfen verwüsteten Region starben bis zu 20 000 Zivilisten. Nur an sie soll nun ein Denkmal erinnern, das Frankreichs Präsident François Hollande am Freitag in Caen einweiht.