Rede an historischer Stätte Obama unterstreicht die Herrschaft des Volkes
Athen (dpa) - Vom Macher zum Mahner: US-Präsident Barack Obama hat sich von der internationalen Bühne als nachdenklicher Wahrer von Demokratie und Menschenrechten verabschiedet.
Die Wiege der Volksherrschaft in Athen hatte er sich ausgesucht, um die Werte der Demokratie zu betonen, viele seiner Worte richtete er direkt an das griechische Volk. Und doch: Sein Nachfolger Donald Trump schwang irgendwie immer mit, als Obama vor den Flaggen Griechenlands, der USA und der EU die großen Linien vorzeichnete.
Wenn er am Donnerstag ins Kanzleramt geht und sich zunächst mit Kanzlerin Angela Merkel, tags darauf dann mit vier weiteren Staats- und Regierungschefs aus Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien trifft, wird das nicht anders sein. Obama, der als einziger schon mit Trump unter vier Augen gesprochen hat, wird die Führungsfiguren Europas beruhigen müssen, sie werden mehr hören wollen über das Phänomen Trump.
Der künftige Präsident sei aus seiner Sicht kein Ideologe, eher ein Pragmatiker hatte Obama bereits vor dem Start zu seiner letzten Auslandsreise nach acht Jahren Amtszeit kundgetan. Er wolle ihm helfen, ein guter Präsident zu werden. Offenbar hat der Amtsinhaber erkannt, dass da bis zum Wahltag in dem einen oder anderen Kopf falsche Vorstellungen herrschten.
„Die wichtigste Rolle in einem Land ist nicht die des Präsidenten oder des Ministerpräsidenten. Die wichtigste Rolle im Land ist die des Bürgers“, rief Obama den Griechen zu, nachdem er zuvor den Parthenon und andere historische Stätten auf dem Hügel der Akropolis besucht hatte. „Die Bürger müssen in der Lage sein, ihre Führung selbst zu bestimmen.“ Mehrheiten müssen anerkannt werden.
Eine Mischung aus Größe und Bitterkeit spricht aus diesen Worten. Obama erkennt damit die Wahlniederlage „seiner“ Kandidatin Hillary Clinton an. Ihn scheint aber auch die nackte Sorge umzutreiben, wie es unter einem Präsidenten Donald Trump weitergeht mit der Demokratie in den Vereinigten Staaten. Kein großes Wunder angesichts erster Anzeichen für Vetternwirtschaft und Postengeschacher rund um den Trump Tower in New York. „Der nächste Präsident und ich könnten unterschiedlicher nicht sein“, konnte sich Obama nicht verkneifen zu erwähnen.
Ansonsten blieb Obama in Athen vergleichsweise abstrakt, zog seine rhetorischen Kreise um die Grundpfeiler der Demokratie. „Wir müssen deutlich machen, dass Regierungen existieren, um den Bürgern zu dienen und nicht andersherum“, sagte er. In Deutschland wird es konkreter werden. Der europäische Kontinent ist wie die USA bedroht von einer Populismuswelle. In Großbritannien hat sie mit dem Brexit-Votum bereits Fuß gefasst. In Italien steht in wenigen Wochen ein Referendum bevor, in Österreich die Bundespräsidentenwahl, in Frankreich wird im Frühjahr ein neuer Präsident gewählt, bevor dann auch in Deutschland die Bundestagswahl ansteht. Überall drohen populistische Kräfte Oberwasser zu gewinnen; Europa steht vor einem Rechtsruck.
Wie seine Kollegen muss sich auch Obama fragen lassen, wie weit seine Politik schuld ist an der Entwicklung. Warum schafft es niemand mehr, nach rechts zu integrieren, wie das einst Helmut Kohl mit den deutschen Republikanern und anderen Rechtsparteien erfolgreich gelöst hat? Obama macht einen „kruden Nationalismus“ verantwortlich, fußend auf einer latenten Unsicherheit, einer gewissen Orientierungslosigkeit in einer sich ständig ändernden Welt.
„Ungleichheit wurde früher eher toleriert, sie wird jetzt nicht mehr toleriert, weil jeder, auch in den entlegensten Regionen Afrikas, ein Smartphone hat und sehen kann, wie die Leute in London oder New York leben“, sagte der Präsident. Eine glühende Aufforderung an alle Amtsinhaber und solche, die es werden wollen.