Ökonom Issing: Griechenland muss Euro-Zone verlassen
Hamburg (dpa) - Das hoch verschuldete Griechenland muss nach Ansicht des früheren EZB-Chefvolkswirts Otmar Issing aus der Euro-Zone ausscheiden. Er halte es für ausgeschlossen, dass Griechenland mit Hilfe radikaler Sparmaßnahmen wieder auf die Beine komme, sagte der langjährige Notenbanker dem Magazin „Stern“ laut Vorabmeldung.
Athen werde im kommenden Jahr eine Schuldenquote von 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen - „den Schuldendienst für diese horrende Last kann das Land schlicht und einfach nicht mehr leisten“.
Ohne einen „gravierenden Schuldenschnitt“ werde Griechenland nicht mehr auf die Beine kommen, betonte Issing. Dieser Schuldenschnitt - also der Verzicht von Gläubigern auf ihr Geld - müsse „mindestens 50 Prozent, wahrscheinlich mehr“ betragen. Das gehe nicht innerhalb der Währungsunion. Daher müsse Griechenland nach einem Schuldenschnitt aus der Eurozone ausscheiden.
Issing warnte vor eine Ansteckung anderer Euroländer durch die aktuelle Krise. Dies müsse verhindert werden, denn etwa Italien sei „viel zu groß, um von anderen gerettet zu werden“. In einem solchen Falle könne das ganze Finanzsystem zusammenbrechen: „Diese Gefahr besteht in der Tat.“
Issing warnte nachdrücklich vor der Einführung von Eurobonds. „Wer Eurobonds will, wird sich als Totengräber eines stabilen Euro erweisen“, sagte Issing. „Am Ende drohen bislang solide Länder in einem Verschuldungsstrudel zu versinken. Dann würde auch Deutschland finanzpolitisch ersticken. Dann ist das Projekt stabiler Euro gestorben.“
Der Ökonom Issing gilt als einer der renommiertesten Währungsexperten Europas. Er saß bis 2006 im Direktorium der Europäischen Zentralbank. 2008 wurde er Regierungsberater für Finanzfragen.