Oslo-Anschläge sollen "umfassend" untersucht werden
Oslo (dpa) - Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg hat eine „umfassende Aufarbeitung“ der Umstände der Anschläge am vergangenen Freitag in Oslo und auf der Insel Utøya angekündigt.
Dazu soll auch eine von der Regierung unabhängige Kommission gebildet werden.
Vor Auslandsjournalisten sagte der Sozialdemokrat am Mittwoch, diese Zeit sei aber noch nicht gekommen. „Noch geht es darum, die Angehörigen der Opfer zu trösten und den vielen Verletzten beizustehen.“
Bei dem Bombenanschlag im Regierungsviertel waren acht Menschen getötet worden. Auf der kleinen Insel erschoss Anders Behring Breivik mit einem Schnellfeuergewehr und einer Pistole 68 meist junge Teilnehmer eines Sommercamps der Arbeiterpartei.
Der Vorsitzende der Arbeiterpartei und Regierungschef seit 2005 sagte auch: „Es ist für uns klar, dass es in Norwegen eine Zeit vor und eine Zeit nach dem 22. Juli gibt.“ Er habe seit vergangenem Freitag „viele wichtige Signale“ dafür erlebt, dass Norwegen nach den Terroranschlägen „eine noch offenere und tolerantere Demokratie sein wird als vorher“. Als Beispiel nannte Stoltenberg massive Eintritte bei politischen Parteien in Norwegen als Reaktion auf den Terror.
Nach Überzeugung des norwegischen Geheimdienstes PST handelte Breivik auf eigene Faust und tötete aus Berechnung. Für Breiviks Behauptung, gewaltbereite Komplizen in Norwegen und im Ausland zu haben, fehlt noch immer jeder Beweis. Zugleich wies PST-Chefin Janne Kristiansen Vermutungen von Breiviks Anwalt Geir Lippestadt zurück, der 32-Jährige sei geisteskrank.
Dem britischen Sender BBC sagte Kristiansen am Mittwoch in Oslo: „Breivik hat allein gehandelt.“ Sie begreife ihn „als zurechnungsfähige Person, denn er hat sich für eine sehr lange Zeit auf eine Sache konzentrieren können“. Mehrere norwegische Zeitungen zitierten die Geheimdienstchefin zudem mit der Äußerung: „Dies ist ein einsamer Wolf, der unter alle unsere Radarsysteme schlüpfen konnte.“
Der Attentäter hatte offensichtlich in einem Schützenclub trainiert. Der Osloer Pistolenclub teilte auf seiner Internetseite mit, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sei. Er habe an 13 Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen, hieß es.
Geheimdienstchefin Kristiansen, die selbst als Anwältin gearbeitet hatte, sagte der BBC weiter: „Er hat alles so richtig gemacht. Und nach meiner Erfahrung mit dieser Art Klienten sind sie völlig normal, auch wenn sie im Kopf ziemlich verquer sind. Und diese Person ist außerdem total böse.“ Breiviks Anwalt Lippestad hatte am Dienstag erklärt, er halte seinen Mandanten für geisteskrank. Dazu sagte Kristiansen, Lippestad sei kein Psychiater, „und das bin ich auch nicht“.
Der Attentäter soll demnächst im Ila-Gefängnis westlich von Oslo von zwei Psychiatern untersucht werden. Breivik will den Bombenanschlag in Oslo und das Massaker auf der Insel Utøya über neun Jahre vorbereitet haben. Er wurde Dienstagabend in die Anstalt Ila westlich von Oslo für eine zunächst achtwöchige Untersuchungshaft gebracht. Er wird in einer sieben Quadratmeter großen Zelle rund um die Uhr überwacht, um einen Selbstmord auszuschließen. Die ersten vier Wochen der Untersuchungshaft muss er mit fast kompletter Kontaktsperre verbringen.