Jagd auf Attentäter im Internet

Nach den Anschlägen in Norwegen diskutiert Deutschland über Kontrollen im Netz. Virtuelle Ermittler gibt es bereits.

Berlin. Hätte der Attentäter von Norwegen den Behörden früher auffallen müssen? Seit mindestens zwei Jahren soll Anders B. Breivik rechtsextremes Gedankengut in Internetforen verbreitet haben, darunter auch auf einer schwedischen Neonazi-Plattform. In Deutschland ist deshalb erneut eine Debatte über die Speicherung und Verwertung von Internetdaten entbrannt.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut, forderte in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“, auffällige Personen in einer zentralen Datei zu speichern. „Wir müssen alles tun, um mitzubekommen, wenn jemand mit solchen kruden Gedanken auffällt“, sagte er.

Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, forderte gestern eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, also eine Überwachung von Telefon- und Internetverkehr. Nur dann könnten die Ermittler „solche Taten vereiteln und Menschen schützen“, sagte er.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU) schlossen sich an. Die Vorratsdatenspeicherung war 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden.

Eine Neufassung des Gesetzes sorgt seitdem für Streit. CDU und CSU wollen, dass Kommunikationsdaten aller Bürger eine Zeit lang gespeichert werden. Die FDP verlangt, dass es dafür einen konkreten Verdacht geben muss.

Hinzu kommt: In Norwegen werden bereits seit April sämtliche Verbindungsdaten von Telefon, E-Mail und Internet für sechs Monate gespeichert. Auf die Spur des Täters Breivik führte das die Behörden aber nicht.

„Durch die Vorratsdatenspeicherung werden Datenhalden angehäuft, die gar nicht ausreichend gesichert werden können“, sagt Dennis Grabowski. Er ist Vorsitzender der von deutschen Providern gegründeten Internet-Beschwerdestelle „naiin“, bei der Nutzer illegale Inhalte melden können.

Die Initiative arbeitet mit Ermittlungsbehörden zusammen. Laut Grabowski reichen die vorhandenen Instrumente wie Online-Durchsuchungen oder virtuelle Ermittler aus. Allerdings: „Nicht jeder Polizeibeamte ist im Internet versiert“, sagt er.

Beamte von Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Zoll sind bereits bei Diensten wie Facebook und Twitter unterwegs, um dort gezielt Informationen über Verdächtige einzuholen.

Eine eigene Abteilung oder speziell geschulte Beamte gibt es aber laut Bundesregierung nicht. Die Netzrecherche werde nur als zusätzliche Quelle und bei bereits bestehendem Verdacht eingesetzt. Allein auf Basis des Internets sei bislang kein Fall aufgeklärt worden.